Alexej Nawalny: Russin nimmt für Trauer Verlust ihrer Rente in Kauf
Vor zwei Wochen wurde Alexej Nawalny in Moskau beigesetzt. Weiterhin besuchen zahlreiche Menschen das Grab – und gehen dafür ein grosses Risiko ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer öffentlich um Alexej Nawalny trauert, muss in Russland mit Konsequenzen rechnen.
- Trotzdem pilgern immer noch viele Menschen ans Grab des Regierungskritikers.
- Angst ist dabei kein Thema, sagt eine ältere Frau: «Sollen sie doch meine Rente nehmen!»
Knapp einen Monat ist es her, seit Kremlkritiker Alexej Nawalny im Straflager «Polarwolf» verstorben ist. Und noch immer trauern Menschen in Russland um den oppositionellen Politiker.
Wie ein Bericht der Sendung «Echo der Zeit» zeigt, besuchen zahlreiche Personen das Grab von Nawalny. Der Putin-Gegner ist auf dem Borisow-Friedhof in Moskau beigesetzt worden. Die Trauernden legen Blumen nieder oder erweisen ihm auf andere Art die letzte Ehre.
Doch die Besucher gehen auch ein Risiko ein. Wie SRF berichtet, stehen Polizisten am Eingang. Schon bei der Beerdigung vor zwei Wochen wurden mehrere Menschen nach spontanen Protesten festgenommen.
Die Rentnerin Maria kommt dennoch an Nawalnys Grab. Angst vor dem Kreml hat sie nicht: «Das einzige, was sie mir nehmen könnten, ist meine Rente. Und die ist so schwindend klein, sollen sie die doch nehmen!»
Sie sehe es als Pflicht, Alexej Nawalny die letzte Ehre zu erweisen. Vor allem, weil er – wie ihre Mutter im Zweiten Weltkrieg gegen die Faschisten – für die Freiheit gekämpft habe.
Tamara, die Maria ans Grab begleitet, sieht es ähnlich. Sie sagt: «Nawalny hat uns daran erinnert, dass wir Menschen sind, dass wir uns nicht erniedrigen lassen sollten.»
Anhänger von Alexej Nawalny glauben an Systemwechsel
Die Trauer kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Opposition in Russland schwach ist. Bei den Präsidentschaftswahlen vom kommenden Wochenende gibt es keine Alternative zu Kremlchef Wladimir Putin. Mögliche Kandidaten wie Kriegsgegner Boris Nadeschdin blieben bereits im Vorfeld auf der Strecke.
Anastasija, eine weitere Besucherin des Friedhofs, schöpft dennoch Hoffnung. «Es wird alles so kommen, wie Alexej es gesagt hat. Wir brauchen einfach noch etwas Zeit», sagt sie. Denn der Kremlgegner habe den Menschen aufgezeigt, wie Russland sein könnte.
Tamara glaubt, wenn sie auf die Menschen schaut, die zum Friedhof kommen, ebenfalls an einen Wechsel. Sie sagt über die kremlkritischen Menschen: «Wenn sie eine Gelegenheit haben, ihre Haltung zu zeigen, dann tun sie das. Im Moment heisst das nicht mehr, als Blumen an ein Grab zu bringen – aber sie tun es.»
Alexej Nawalny ist am 16. Februar im entlegenen Straflager «Polarwolf» zusammengebrochen. Laut den russischen Behörden handelte es sich um einen natürlichen Tod. Der Westen macht den Kreml für den Tod Nawalnys verantwortlich.