Amnesty-Experte: Länder mit Todesstrafe sind Unrechtsstaaten
Nach der Ansicht eines Amnesty-Experten sind Länder, die noch immer die Todesstrafe verhängen, Unrechtsstaaten.
Länder, in denen die Todesstrafe vollstreckt wird, sind nach Ansicht eines Amnesty-Experten Unrechtsstaaten. Diese Länder würden das grundlegendste aller Menschenrechte verweigern, sagte Alexander Bojčević, Experte für die Todesstrafe bei Amnesty International in Deutschland, der Deutschen Presse-Agentur.
«Die Todesstrafe ist grundsätzlich abzulehnen, das Recht auf Leben ist immer zu schützen», sagte Bojčević. In den Ländern, in denen Hinrichtungen vollzogen werden, würden Menschen als Objekte des Staates gesehen und nicht umgekehrt.
Mehr als 100 Staaten haben Todesstrafe abgeschafft
Heute vor 60 Jahren wurde in Grossbritannien zum letzten Mal die Todesstrafe vollzogen. Am 13. August 1964 wurden in Manchester beziehungsweise Liverpool zwei Männer wegen gemeinsamen Raubmordes hingerichtet. 1965 setzte das Vereinigte Königreich die Todesstrafe aus und schaffte sie später ab.
In der Bundesrepublik Deutschland hiess es bei Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949: «Die Todesstrafe ist abgeschafft.» In der DDR folgte dieser Schritt 1987.
Ziel nicht erreicht worden
Bojčević sagte, grundsätzlich deute die Entwicklung in die richtige Richtung. In den vergangenen Jahrzehnten hätten mehr als 100 Staaten die Todesstrafe abgeschafft, nur sehr wenige hätten die Entwicklung zurückgedreht.
«Natürlich geht es viel zu langsam», sagte der Experte. Das Ziel eines völkerrechtlich bindenden Verbots sei bisher nicht erreicht worden. Aber es gebe eine positive Tendenz, die oft übersehen werde.
Zahl der gerichtlichen Hinrichtungen auf Fünf-Jahres-Hoch
Zuletzt hatte die Menschenrechtsorganisation kritisiert, die Zahl der gerichtlichen Hinrichtungen sei im vergangenen Jahr mit mindestens 1153 auf den höchsten Wert seit 2015 gestiegen. Die exakte Zahl zu nennen, sei aber äusserst schwierig, sagte Bojčević. Zwar seien Staaten verpflichtet, Hinrichtungen offenzulegen.
Tatsächlich aber gebe es in vielen Ländern gar keine oder keine genauen Angaben. Darunter seien mit China und Vietnam zwei Staaten, in denen Schätzungen zufolge sehr viele Menschen hingerichtet werden.
Um Todesurteile in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu verhängen und zu vollstrecken, müssen nach Angaben von Experte Bojčević hohe Hürden erfüllt werden. Dazu gehören unabhängige Gerichte, öffentliche Prozesse und dauernder Rechtsbeistand ab der Festnahme. Mit Sicherheit würden aber in den meisten Fällen gleich mehrere Faktoren nicht erfüllt, sagte er.