Anklage fordert lebenslange Haft in Prozess um Tankstellenmord von Idar-Oberstein
Im Prozess um die Tötung eines Tankstellenmitarbeiters im Streit um die Maskenpflicht im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein hat die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe gefordert.

Das Wichtigste in Kürze
- Staatsanwaltschaft plädiert auch auf Feststellung von besonderer Schuldschwere.
In ihrem Plädoyer vor dem Landgericht Bad Kreuznach beantragte sie am Montag eine Verurteilung von Mario N. wegen heimtückischen Mordes aus niederen Beweggründen. Oberstaatsanwältin Nicole Frohn forderte zugleich die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld des 50-Jährigen.
Laut Anklage hatte N. vor fast genau einem Jahr, am 18. September 2021, den 20-jährigen Tankstellenmitarbeiter Alex W. erschossen, der ihn auf die Einhaltung der Maskenpflicht aufmerksam gemacht hatte. Demnach fühlte sich der Angeklagte durch die damals geltenden Coronaregeln belastet und machte sein Opfer nach einem Streit beim Einkauf für seine Gesamtsituation mitverantwortlich.
Der Mann verliess laut Frohn die Tankstelle laut Anklage zunächst, kehrte aber zurück und erschoss den Mitarbeiter, «um ein Zeichen zu setzen». «Er empfand das Verhalten seines Opfers als Kränkung und kam zu dem Entschluss, das nicht auf sich beruhen zu lassen.» Er habe W. zum Objekt seines Zeichens gemacht. Die Tat löste grosses Entsetzen aus. N. gestand die Vorwürfe bereits bei der Vernehmung durch die Polizei. Auch vor dem Landgericht gestand er die Tat und äusserte sein Bedauern.
Die Staatsanwaltschaft sah ihre Vorwürfe aus der Anklage bestätigt. N. habe ausgenutzt, dass W. nicht mit einem Angriff auf sein Leben gerechnet habe und daher nicht in der Lage gewesen sei, auszuweichen oder sich zu schützen, sagte Frohn. «Er hat ihm ganz bewusst keine Chance gelassen, in irgendeiner Art und Weise zu reagieren.» Die Staatsanwältin wertete die Tat als Mord aus niederen Beweggründen, weil der Anlass und die Tötung W.s in einem «krassen Missverhältnisse» stünden. W. habe nichts mit der persönlichen Situation N.s zu tun gehabt.
Ausgangspunkt der Tat sei die Entwicklung N.s seit 2015 gewesen. Er sei mit der Flüchtlingspolitik der damaligen Bundesregierung unzufrieden gewesen. Bereits 2019 habe er in einer Chatnachricht in Bezug auf Politiker aus linken Parteien über Gaskammern gesprochen. Bei der Tat sei er erheblich alkoholisiert gewesen. Dies habe aber seine Schuldfähigkeit nicht beeinflusst.
Die Massnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie habe er als grosse Belastung gesehen. «Wer war nicht belastet durch das Tragen der Maske?», fragte Frohn allerdings. Die Massnahmen seien keine besondere Belastung für N. gewesen. «An verschiedenen Stellen wurde versucht, ein leidendes Bild des Angeklagten zu zeichnen, was hier zu relativieren ist.»
Frohn bezeichnete N. als Narzissten, der sich anderen Menschen gegenüber für überlegen halte. Die Verhöhnung seines Opfers habe sich in N.s Vernehmung durch die Polizei fortgesetzt, indem er W. als «Tankstellenboy» bezeichnet habe.
Frohn kritisierte die Verteidigung dafür, den Prozess durch Anträge unnötig in die Länge gezogen zu haben. «Für die Nebenklage und die Angehörigen waren die ständigen Verzögerungen eine grosse Belastung und nur schwer auszuhalten», führte sie aus. Die Nebenklage schloss sich dem Plädoyer im vollen Umfang an.
Das Plädoyer der Staatsanwaltschaft war wegen Anträgen der Verteidigung mehrfach verschoben worden. Am Freitag soll das Plädoyer der Verteidigung folgen. Eine Urteilsverkündung ist für den Dienstag kommender Woche vorgesehen.