Anschlag in Magdeburg: Rassistische Übergriffe nach Amokfahrt
Nach dem Anschlag in Magdeburg berichten Betroffene von rassistischen Übergriffen. Die Stimmung in der Stadt ist angespannt.
Am 20. Dezember raste ein 50-jähriger Mann aus Saudi-Arabien mit einem Mietwagen über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Er tötete fünf Menschen, darunter ein Kind, und verletzte Hunderte teils schwer.
Doch obwohl der Täter offenbar AfD-Sympathisant war und den Islam verabscheute, kam es zu rassistischen Übergriffen. Die «taz» berichtet von mehreren Vorfällen unmittelbar nach der Tat.
Der 18-jährige Abdalla al-H. wurde zudem laut eigener Aussage von sechs Männern angepöbelt und geschlagen. Die herbeigerufenen Polizisten hätten ihn durchsucht, statt sich um die Angreifer zu kümmern.
Nach Anschlag: Bedrohliche Stimmung für Migranten
Tawfeek al-Sheikh, ein 28-jähriger Syrer, erlebte ebenfalls Anfeindungen.
«Die Menschen haben einfach angefangen, mich so richtig komisch anzustarren die ganze Zeit», zitiert ihn die «taz».
Der 25-jährige Mohammad Majde Abdullmouti berichtet von ähnlichen Erfahrungen: «Auf dem Weg, immer wenn ich Pizza liefere, gucken mich die Leute an, als ob ich der Täter sei».
Die Reaktionen darauf
Friedrich Kramer, Landesbischof der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, kritisiert die politische Instrumentalisierung: So wäre es «einfach nicht anständig» die Tat einen Tag nach dem Anschlag für politische Zwecke zu missbrauchen.
Der Bundesopferbeauftragte Pascal Kober warnt vor vorschnellen Schlussfolgerungen.
«Ich glaube, es zeigt keine Souveränität, wenn man sich zu früh positioniert», so Kober gegenüber der «taz».
Rechtsextreme Mobilisierung
Die AfD eröffnete am Montagabend ihren Bundestagswahlkampf in Magdeburg. Laut «taz» skandierten viele der rund 3500 Teilnehmer «Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen» oder «abschieben».
Parallel zur Kundgebung verübten Neonazis einen Brandanschlag auf den linken Magdeburger Szenetreff Libertäres Zentrum.
Die militante Neonaziszene instrumentalisierte den Anschlag schnell für ihre Zwecke.
Anhaltende Bedrohungslage
Auch Tage nach dem Anschlag berichten Betroffene von rassistischen Übergriffen. Die Intensivkrankenpflegerin Fatima B. schildert etwa der «taz» einen Vorfall am Hasselbachplatz.
Ein Betrunkener habe sie und ihren Mann beleidigt und angegriffen. «Ich fühle mich einfach nicht mehr sicher (...)», wird Fatima B. zitiert.
Das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt hat deswegen eine Hotline eingerichtet, um Betroffene zu unterstützen und Vorfälle zu dokumentieren.