Bekannter Journalist in Kirgistan nach Korruptionsrecherchen im Visier der Polizei
Das Wichtigste in Kürze
- Behörden werfen Investigativ-Reporter Temirow Drogendelikte vor.
Bolot Temirow und seinem Mitarbeiter Bolot Nasarow werde der «Besitz illegaler Betäubungsmittel» vorgeworfen, erklärte die kirgisische Polizei am Sonntag. Der Fall weckt Befürchtungen, dass die neue Führung in Bischkek stärker und gezielt gegen Medien vorgehen will.
Temirow betreibt den Youtube-Kanal «Temirow», der bekannt für kritische Berichte über Korruption in Kirgistan ist. Vor wenigen Tagen hatte die Veröffentlichung einer Recherche für Aufsehen gesorgt, wonach ein Neffe von Kirgistans oberstem Polizeichef Kamtschibek Taschijew unrechtmässig von Brennstoff-Geschäften profitiert hatte.
Die Behörden durchsuchten am Samstag Temirows Redaktionsräume und führten ihn und Nasarow ab. In einem von ihm während seiner Festnahme gedrehten Video sagte Temirow, er glaube, dass die Polizei ihm die Drogen untergeschoben habe. Die beiden Journalisten wurden am Sonntag wieder auf freien Fuss gesetzt, dürfen das Land aber nicht verlassen.
Taschijew, Vorsitzender des Komitees für Staatssicherheit, gilt als enger Vertrauter von Präsident Sadyr Dschaparow, der im Zuge einer politischen Krise im Jahr 2020 an die Macht gekommen war. In einer Facebook-Botschaft nahm der Staatschef seinen Sicherheitschef am Sonntag gegen die Korruptionsvorwürfe in Schutz.
Taschijew bezichtigte die Journalisten der Lüge. Bei einer Pressekonferenz am Sonntag bestritt der Polizeichef, dass er die Ermittlungen gegen Temirow und seine Mitarbeiter beeinflusst habe. Temirows Kollegen Nasarow bezeichnete er als «drogenabhängig».
Aus Solidarität mit Temirow versammelten sich am Sonntag etwa 200 Menschen vor dem Innenministerium in Bischkek, darunter mehrere Journalisten. Einige Teilnehmer des Protests forderten den Innenminister zum Rücktritt auf.
Das Norwegische Helsinki-Komitee, das sich weltweit für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzt, forderte eine schnelle Untersuchung des Falls. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, «dass die Behörden Medien unterdrücken, die Korruption auf höchster Ebene untersuchen».
Kirgistan ist für seine politische Instabilität bekannt. Seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion im Jahr 1991 wurden bereits drei Präsidenten gestürzt. Die Parlamentswahl im November war von Betrugsvorwürfen überschattet. Kurz vor der Abstimmung hatte es Festnahmen wegen angeblicher Putschpläne gegeben.
Dschaparow hatte freie und faire Wahlen versprochen. Seine Kritiker werfen dem Staatschef jedoch vor, die Fehler seiner Vorgänger zu wiederholen, indem er potenzielle Konkurrenten inhaftieren lasse.