Brexit ohne Pauken und Trompeten – No-Deal-Gefahr bleibt
Nun gibt es kein Zurück mehr: Grossbritannien verlässt in der Nacht zum Samstag die Europäische Union. Dies dreieinhalb Jahre nach dem Votum zum Brexit.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Samstag wird Britannien endgültig aus der EU austreten.
- Gefeiert soll dieser Anlass jedoch nicht werden.
Schritt für Schritt rückt der Brexit näher. Am Donnerstag haben die 27 bleibenden EU-Staaten der Ratifizierung des Austrittsabkommens mit Grossbritannien zugestimmt. In der Nacht zum Samstag wird das Land die Europäische Union endgültig verlassen.
Der Streit um den Brexit ist damit noch nicht beendet. London und Brüssel steht noch ein schwerer Weg bevor.
Erst jetzt können die Gespräche über die künftigen Beziehungen beginnen. In einer elfmonatigen Frist soll geklärt werden, wie es ab 2021 im Handel und auf anderen Feldern weitergeht. Kritiker halten den Zeitraum für viel zu kurz – neue Konflikte drohen.
Neue Konflikte drohen
Der historische Moment am späten Freitagabend wird in London nur mit schmalem Programm begangen. Man wolle die Brexit-Gegner nicht vor den Kopf stossen, begründete das Premierminister Boris Johnson. Nur eine Lightshow, Union-Jack-Fahnen und eine Rede des Premiers sollen den historischen Moment begleiten.
Ob Johnson die Spaltung der britischen Gesellschaft damit überwinden kann, ist zweifelhaft. Jüngsten Umfragen zufolge sind noch immer 53 Prozent der Briten für einen Verbleib in der EU. 47 Prozent sind für den Austritt.
Brexit: Souveränität wichtiger als Handel
Seine Verhandlungsziele für die künftigen Beziehungen will der Premier britischen Medien zufolge nächste Woche vorstellen. Souveränität sei wichtiger als reibungsloser Handel, will er laut «Telegraph» in seiner Rede betonen.
Die EU-Kommission fordert indes eine möglichst enge Anbindung an EU-Standards. Unfaire Subventionen sowie Sozial- oder Umweltdumping dürfe es nicht geben, fordert auch Maas. Davon soll abhängen, wie weit Grossbritannien Zugang zum Binnenmarkt bekommt.
Zentraler Punkt im Austrittsvertrag ist eine Übergangsfrist bis zum Jahresende, in der sich im Alltag fast nichts ändert. Grossbritannien bleibt in der Zeit im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Doch gibt es kein Anschlussabkommen, drohen erhebliche Handelshemmnisse.
Grossbritannien ist zerrissen
Neben der Klärung der künftigen Beziehungen zur EU hat Johnson noch ganz andere Sorgen: Grossbritannien ist zerrissen. Vor allem in Schottland, aber auch in den Landesteilen Wales und Nordirland wächst die Wut auf die Regierung. Damit schwellt auch das Streben nach Unabhängigkeit an.
Die EU verliert mit dem Brexit ihre zweitgrösste Wirtschaftsmacht und ihren viertgrössten Beitragszahler. In Brüssel überwiegt der Trennungsschmerz. Für Donnerstag waren auf dem Grand Place in Brüssel und im Europaviertel Abschiedsfeiern geplant.