Zehntausende haben gegen das neue Urheberrecht demonstriert. Das Europaparlament stimmte dem Vorhaben dennoch ohne Änderungen zu. Die Gegner der Reform setzten ihre Hoffnungen danach auf die Bundesregierung - vergeblich.
Plattformen wie Google News sollen für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten in ihren Suchergebnissen künftig Geld an die Verlage zahlen. Foto: Lukas Schulze
Plattformen wie Google News sollen für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten in ihren Suchergebnissen künftig Geld an die Verlage zahlen. Foto: Lukas Schulze - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Eigentlich sollte mit einem neuen Urheberrecht alles besser werden.
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Stattdessen hat die Copyright-Reform auf EU-Ebene für heftigen Streit gesorgt. Das Wichtigste im Überblick.

Mitte Februar hatten Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten nach langen Verhandlungen einen Kompromiss bei der Reform des angestaubten Urheberrechts erzielt. Mit diesem Vorhaben soll das Copyright ans Internet-Zeitalter angepasst werden.

Die einen befürchten Zensur und den Tod des freien Internets. Die anderen argumentieren, nur die Reform sichere das Überleben vieler Künstler, Kreativer und Autoren. Die Debatte wird emotional geführt. Und zwei Themen stehen im Mittelpunkt: das Leistungsschutzrecht für Presseverleger in Artikel 11 sowie die mögliche Einführung sogenannter Uploadfilter, die aus Artikel 13 resultieren könnte. Aus Sicht der Befürworter geht es allein darum, Plattformen, die wissentlich mit fremden Inhalten Geld verdienen, zu einer fairen Lizenzierung zu zwingen.

Artikel 11 hat zum Ziel, dass Zeitungsverlage und Autoren mehr für ihre Inhalte bekommen. Suchmaschinen wie Google dürfen demnach nicht mehr ohne weiteres kleine Artikel-Ausschnitte in ihren Suchergebnissen oder bei Google News anzeigen. Vielmehr sollen sie die Verlage um Erlaubnis bitten und gegebenenfalls dafür zahlen.

Zum anderen werden Plattformen wie Youtube nach Artikel 13, der in der finalen Fassung des Gesetzes Artikel 17 heisst, stärker in die Pflicht genommen. Geschützte Werke müssen lizenziert werden, bevor sie auf den Plattformen landen - oder dürfen nicht hochgeladen werden. Falls Inhalte doch illegal auf den Plattformen landen, haften diese automatisch, sofern sie nicht grösste Anstrengungen unternommen haben, sich die Lizenzen zu besorgen oder das Hochladen zu verhindern. Ausnahmen gibt es nur für wenige Firmen.

Nach Ansicht von Kritikern führt Artikel 13 zwangsläufig zum Einsatz sogenannter Uploadfilter, denn anders könnten Plattformen die Inhalte gar nicht auf Verstösse überprüfen. Sie befürchten, dass diese Filter auch legale Inhalte wie Parodien oder Zitate blockieren - und so die freie Meinungsäusserung einschränken. «Algorithmen können nicht unterscheiden zwischen Urheberrechtsverletzungen und der legalen Weiterverwendung wie zu Parodiezwecken», sagt etwa Piraten-Politikerin Julia Reda. Dieser Meinung hatten sich zuletzt Politiker aus fast allen Parteien angeschlossen.

Auch Google - und damit Youtube - hatte gegen die Reform mobil gemacht. Artikel 13 könne «unbeabsichtigte Folgen haben, die Europas Kreativ- und Digitalwirtschaft schaden könnten», schrieb Youtube am Dienstag auf Twitter.

Gegner des Leistungsschutzrechts sehen insbesondere für kleine Verlage Nachteile. Diese seien darauf angewiesen, von Suchmaschinen gelistet zu werden und hätten eine schwache Verhandlungsposition gegenüber Google & Co. Zudem verweisen sie auf Deutschland: Hier gibt es schon seit 2013 ein Leistungsschutzrecht - doch es führt nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage. Ausserdem wäre die Medienvielfalt im Netz nach Ansicht der Kritiker eingeschränkt.

Die grossen deutschen Verlegerverbände begrüssten das Ergebnis vom Dienstag. «Die Zustimmung zur Reform ist ein «Ja» zur digitalen Zukunft von Kultur und Medien und zu einer lebendigen und vielfältigen Kreativlandschaft in Europa», teilten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger mit.

Die Nerven lagen blank - auf beiden Seiten. Für einige Gegner von Artikel 13 wurde insbesondere der EU-Abgeordnete Axel Voss, der das Vorhaben federführend mit den EU-Staaten verhandelt hatte, zur Symbol- und Hassfigur. Er wurde in sozialen Netzwerken attackiert, verlacht und verhöhnt.

Befürworter des Vorhabens diskreditierten seine Gegner zum Teil als von Tech-Konzernen gesteuert, die EU-Kommission sprach in einem Blog-Post zwischenzeitlich von einem «Mob» und der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary äusserte am Wochenende den Verdacht, dass US-Internetkonzerne die Reform mit «gekauften Demonstranten» verhindern wollten. Damit löste er auch in den eigenen Reihen Empörung aus. Wenig später ruderte Caspary zurück.

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