Coronavirus: Darum trifft Covid-19 Italien besonders hart
Italien vermeldet die höchsten Todeszahlen seit Pandemiebeginn. Dennoch ist die Lage zum Coronavirus im Nachbarland weniger prekär als im Frühling.
Das Wichtigste in Kürze
- Italien meldet 993 Corona-Tote an einem Tag – mehr als beim Frühlingsrekord von 971.
- Dabei verzeichnet Italien in der zweiten Welle weniger Neuinfektionen als die Schweiz.
- In der Pandemie zeigen sich die Schwächen des italienischen Gesundheitssystems.
Im Frühling machte Italien traurige Schlagzeilen: Der südliche Nachbar wurde als eines der ersten Länder in Europa vom Coronavirus getroffen – und mit am schwersten. Bilder aus den Hotspots Norditaliens, wo die Armee teils beim Abtransport der Leichen helfen musste, gingen um die Welt. Die täglichen Todeszahlen kletterten auf bis zu 971 Fälle.
Nun ist der Rekord gefallen: Gestern Mittwoch vermeldete Italien 993 am oder mit dem Coronavirus verstorbene Personen. Auch in Italien ist die Lage angespannt – von einem Gesundheitsnotstand wie Ende März ist man jedoch weit entfernt. Was ist in der zweiten Welle anders, und wo steht Italien beim Coronavirus im Vergleich zur Schweiz?
Coronavirus in Italien: Weniger Fälle, mehr Tote
Vergleicht man die Neuinfektionszahlen in der Schweiz und Italien, ist die zweite Welle in Italien verhältnismässig milder ausgefallen.
In Italien gelten deutlich strengere Regeln als in der Schweiz: In den fünf am schwersten betroffenen Regionen gilt ein strikter Lockdown mit ganztägigen Ausgangssperren. Neun weitere Regionen sind von Restaurantschliessungen betroffen. Angesichts dessen überrascht es nicht, dass die zweite Welle milder ausfiel.
Mittlerweile sind die Neuinfektionszahlen in Italien rückläufig. Der Höhepunkt der zweiten Welle wurde in Italien jedoch etwa zehn Tage später erreicht, als in der Schweiz. Da zwischen Infektion und möglichem Todesfall Tage bis Wochen vergehen, reagieren die Todeszahlen verzögert auf die Veränderung der Neuinfektionen.
Dass die Todeszahlen bis jetzt gestiegen sind, ist angesichts der Verzögerung zur Schweiz nicht überraschend. Doch während sich weniger Menschen als in der Schweiz infizieren, sterben in Italien mehr Menschen.
Keine Situation wie im Frühling
Dass die Situation in Italien weniger prekär ist als im Frühling, liegt an der Verteilung der Fälle. Im Frühling konzentrierte sich eine Vielzahl der Fälle auf wenige norditalienische Regionen, inzwischen sind die Hotspots im ganzen Land verteilt. Auch die Versorgungslage hat sich verbessert: Notkrankenhäuser, welche für die erste Welle zu spät kamen, konnten nun reaktiviert werden.
Doch während sich die materielle Versorgungslage verbessert hat, bleibt die Personalsituation angespannt. Auch in den Schweizer Spitälern war die Personalsituation angespannt. Im finanziell deutlich schlechter ausgestatteten italienischen Gesundheitssystem ist die Lage noch ernster.
Personalmangel wird zum Problem
«The Guardian» zitiert den Vizepräsidenten der italienischen Ärztekammer: «Die Zahl der Betten und Beatmungsgeräte wurde erhöht, aber die Personalzahlen sind praktisch die gleichen geblieben.» Es sei schwierig, Anästhesisten oder spezialisiertes Intensiv-Pflegepersonal zu finden.
Die Problematik ist also die gleiche – der Unterschied liegt in der Schwere des Problems. Die Schwächen des italienischen Gesundheitssystems zeigen sich in der Sterblichkeit: In Italien starben knapp 3,5 Prozent aller Personen, bei denen Corona diagnostiziert wurden. In der Schweiz sind es lediglich 1,5 Prozent.