Coronavirus: Die Lage in Frankreich verschärft sich
Frankreich meldete gestern so viele Neuinfektionen mit dem Coronavirus wie zuletzt im November. Sorgen bereitet vor allem die Auslastung der Intensivbetten.
Das Wichtigste in Kürze
- Frankreichs Präsident Macron will auf einen dritten landesweiten Lockdown verzichten.
- Die aktuellen Corona-Zahlen ähneln aber jenen während der zweiten Welle im November.
- Dies, obwohl es im Land strikte Massnahmen wie eine nächtliche Ausgangssperre gibt.
Die dritte Corona-Welle breitet sich in Frankreich immer weiter aus: Gestern Mittwoch registrierte das Land 38'500 Neuinfektionen mit dem Coronavirus, so viele wie zuletzt in der zweiten Welle im November. Die Zahl der Corona-Patienten auf Intensivstationen liegt derzeit bei 4219. Am Dienstag waren es noch 4239, ebenfalls ein Höchstwert seit Ende November.
Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus erhöhte sich um 246 auf 91'427. Zumindest dieser Wert ist niedriger als die durchschnittliche Zahl der täglichen Corona-Toten im November. Dennoch stagnieren die Todeszahlen seit Wochen auf diesem Niveau.
Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt damit 274 Infektionen pro 100'000 Einwohner. Zum Vergleich: In der Schweiz liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell bei 102. Dabei gibt es in unserem Nachbarland seit Monaten eine nächtliche Ausgangssperre, die zwischen 18 und 6 Uhr gilt. Zudem herrscht eine strenge Maskenpflicht, Beizen sind wie hierzulande geschlossen und Kinos oder Museen sind auch dicht.
In Frankreich gibt es kostenlose PCR-Tests und Schnelltests
Die Infektionszahlen mit dem Coronavirus steigen in Frankreich zwar seit Wochen. Doch fällt dieser Anstieg zum Beispiel im Vergleich mit Italien eher flach aus: Frankreich registriert regelmässig täglich über 20'000 Corona-Neuinfektionen. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass die ansteckenderen Corona-Varianten immer verbreiteter sind.
Ein wichtiger Grund für diese hohen Zahlen dürfte aber auch die Teststrategie des Landes sein. So kann man sich etwa ohne Voranmeldung und kostenlos einem PCR-Test unterziehen lassen. Hinzu kommen kostenlose Schnelltests, die Apotheken und Testzentren anbieten.
Letztere werden vor allem für Schulen genutzt. Laut Frankreichs Gesundheitsminister Olivier Véran werden pro Monat eine Million Kinder ab sechs Jahren und Lehrer getestet. Das Land führt aktuell knapp fünf Corona-Tests pro 1000 Bewohner im Sieben-Tage-Schnitt durch. Das ist rund zweieinhalb Mal so viel wie Deutschland.
Coronavirus: Intensivstationen im Grossraum Paris am Anschlag
Wichtiger scheint deshalb ein Blick auf die Auslastung des Gesundheitssystems zu sein. Die Auslastung der Intensivbetten der Spitäler ist in einigen Regionen am Limit, insbesondere im Grossraum Paris. Dort befanden sich Anfang Woche 1150 Patienten auf der Intensivstation, so viele wie zuletzt während des Höhepunktes der zweiten Welle.
Letzte Woche wurden diese Spitäler aufgefordert, 40 Prozent der nicht dringenden medizinischen Aktivitäten wie Operationen zu verschieben. Damit soll die Kapazität für Covid-19-Patienten in der Region Île-de-France erhöht werden. Gemäss «The Guardian» werde alle zwölf Minuten ein neuer Patient auf den Intensivstationen der Spitäler dieser Region aufgenommen.
Rund 100 Patienten sollen in Spitäler anderer französischer Regionen verlegt werden. Auch aus anderen Gebieten mussten wegen der Auslastung der Intensivbetten bereits Patienten verlegt werden.
Frankreich setzt auf regionale Massnahmen-Verschärfungen
Bereits am Montag hatte Präsident Emmanuel Macron angedeutet, dass es zu neuen Massnahmen kommen könnte. Er und Premier Jean Castex haben aber mehrmals betont, dass sie keinen dritten landesweiten Lockdown wollen. Sie hoffen, dass dies mit der Impfkampagne verhindert werden kann.
Doch diese kommt in Frankreich nicht auf Touren: Bis Ende letzte Woche hatten erst gut 5 der rund 67 Millionen Einwohner eine erste Impfdosis erhalten. Dass Frankreich vorerst Impfungen gegen das Coronavirus mit dem Vakzin von Astrazeneca aussetzt, hilft diesbezüglich auch nicht.
Die Regierung hat bisher auf regionale Infektionsanstiege mit regionalen Massnahmen regiert. In der Küstenregion um Nizza und in Dunkerque gelten etwa Wochenend-Lockdowns.
Für den Grossraum Paris gibt es solche zusätzlichen Einschränkungen bisher nicht. Am Donnerstagabend um 18 Uhr will sich Premier Castex zur Corona-Lage äussern. Landesweite Verschärfungen werden nicht erwartet, dafür aber Massnahmen für den Grossraum Paris.