Darum sorgt Angela Merkel im EU-Personalpoker für Stunk

Benedikt Theiler
Benedikt Theiler

Belgien,

Lange hat Angela Merkel an ihrem Kandidaten fürs EU-Kommissionspräsidium Manfred Weber festgehalten. Nun hat sie ihn fallen gelassen und sorgt damit für Ärger.

EU-Sondergipfel angela merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht im Rahmen des EU-Gipfels mit Journalisten. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am Sonntagabend erneut heftig über die künftige Führung der Europäischen Union gestritten. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die EU-Staats- und Regierungschefs verhandeln um die Nachfolge von Jean-Claude Juncker.
  • Für Angela Merkel kommt Sozialdemokrate Frans Timmermans in Frage.
  • Besonders die EU-Oststaaten wollen aber keinen Sozialdemokraten als Kommissionschef.

Es war von Beginn weg klar: Einen Nachfolger für den abtretenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zu finden, wird schwierig. Die beiden stärksten Fraktionen der Christdemokraten und der Sozialdemokraten mussten bei den EU-Parlamentswahlen herbe Verluste einstecken. Dass die Europäische Union danach auf einen zähen Personalpoker zusteuern, zeichnete sich bereits damals ab.

EU-Sondergipfel in Brüssel
Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, kommt zum EU-Gipfel. - dpa

Nun scheint aber ein heftiger Streit unter den 28 Staats- und Regierungschefs ausgebrochen zu sein. Diese haben das Recht, dem Parlament einen geeigneten Kandidaten vorzuschlagen. Das EU-Parlament wird dann die vorgeschlagene Personalie bestätigten müssen.

Absprache unter grössten Fraktionen reicht nicht

Und da liegt die Krux an der Geschichte. Zwar ist die EVP-Fraktion, zu der auch Angela Merkels CDU/CSU-Union zählt, noch immer die stärkste Kraft im Parlament. Die EVP will darum ihren Spitzenkandidaten Manfred Weber als Juncker-Nachfolger sehen.

Doch seit den Wahlen Ende Mai stellen die beiden grössten Fraktionen alleine keine Mehrheit mehr. Eine Absprache unter den beiden Fraktionen reicht also nicht aus.

G20-Gipfel in Osaka
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, unterhalten sich zu Beginn der ersten Arbeitssitzung des G20-Gipfels in Osaka. - dpa

Hier kommt der französische Präsident Emmanuel Macron ins Spiel. Seine Partei gehört der drittgrössten Fraktion «Renew Europe» an. Und für Macron ist klar: Manfred Weber darf nicht Kommissionschef werden. Weber sei auf EU-Ebene zu wenig vernetzt.

Er hat sich darum noch am G20-Gipfel in Osaka mit Angela Merkel auf den sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans geeinigt. Auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte waren mit von der Partie.

Angela Merkel fokussiert auf anderen Posten

Angela Merkel fällt damit ihrem eigenen Kandidaten Manfred Weber aus der Union in den Rücken. Doch klar ist: Für die deutsche Bundeskanzlerin ist eine andere Personalie wichtiger.

Der Chefposten der Europäischen Zentralbank EZB. Sie will da ihren ehemaligen Berater und Präsidenten der Deutschen Bundesbank Jens Weidmann sehen. Für Angela Merkel Grund genug, den CSU-Kandidaten Weber fallen zu lassen.

Frans Timmermans «kein Kompromisskandidat»

Besonders für die Staatschefs der EU-Oststaaten kommt ein Sozialdemokrat an der Kommissionsspitze der EU nicht in Frage. Timmermans sei «kein Kompromisskandidat», meinte etwa Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Auch Tschechiens Andrej Babiš und Ungarns Viktor Orbán sehen Frans Timmermans nicht als geeignet.

Und dass sich die EVP ob der Entscheidung der Bundeskanzlerin brüskiert zeigt, verwundert ebenfalls nicht. «Die Vereinbarung ist tot», hiess es am Sonntagabend aus den Reihen der EVP. Der Deal von Osaka werde keines Falls akzeptiert.

EU-Sondergipfel in Brüssel
Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, Zentrum, sitzt im Vorfeld eines Treffens im Rahmen des EU-Gipfels an einem runden Tisch. - dpa

Mit dreieinhalb Stunden Verzögerung begann gestern Abend das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs. Um 23 Uhr war dann bereits wieder Schluss. Aufgegeben haben sie noch nicht ganz.

Heute Montagmorgen trafen sich die 28 zu einem Frühstück im Brüsseler Ratsgebäude. Doch auch dies hat noch nicht den erwünschten Erfolg gebracht.

Der Gipfel wurde nun auf morgen Dienstag vertagt. Vielleicht kommt es ja dann zu einem unerwarteten Coup.

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