Deutsch-britische Wirtschaft gegen Londoner Nordirland-Pläne
Ein in Grossbritannien eingebrachtes Gesetzesvorhaben soll die durch den Brexit entstandenen Handelsbarrieren mit Nordirland abbauen. Kritiker sagen, dies bedrohe die Integrität der EU-Institutionen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Britische Handelskammer in Deutschland (BCCG) hat die Pläne der britischen Regierung scharf kritisiert, mit einem neuen Gesetz die Brexit-Sonderregeln für Nordirland teilweise auszuhebeln.
«Die Entscheidung ist ein Verstoss gegen das Völkerrecht und eine ernsthafte Bedrohung des durch das Karfreitagsabkommen erreichten Friedensprozesses in Nordirland», sagte BCCG-Vorstandsmitglied Alexander Altmann der Deutschen Presse-Agentur in London.
Würde das Vorhaben umgesetzt, könnten Anforderungen an Unternehmen in Nordirland beseitigt werden, bestimmte EU-Vorschriften zu befolgen, warnte Altmann. Dies bedrohe die Integrität der EU-Institutionen und gefährde das Funktionieren des EU-Binnenmarktes.
Mit dem sogenannten Nordirland-Protokoll soll eine harte Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Staat Irland vermieden werden, die Spannungen in der ehemaligen Bürgerkriegsregion erneut befeuern könnte. Allerdings müssen nun Waren zwischen Grossbritannien und Nordirland kontrolliert werden. Anhänger einer engen Anbindung Nordirlands an das Vereinigte Königreich - auch Unionisten genannt - fürchten dadurch eine Entfremdung und Abkopplung von London.
Die britische Aussenministerin Liz Truss hatte am Dienstag ein Gesetzesvorhaben angekündigt, das die neu entstandenen Handelsbarrieren zwischen Nordirland und Grossbritannien abbauen soll. Damit löst sich London von den mit Brüssel ausgehandelten Regelungen.
Das Nordirland-Protokoll «ist ein funktionierender Kompromiss, der von allen EU-Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich akzeptiert wurde», sagte Altmann. «Die einseitige Änderung des Protokolls stellt jetzt das gesamte Handelsabkommen in Frage und gefährdet nicht nur den Frieden auf der irischen Insel, sondern riskiert auch den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU noch weiter zu beschädigen.» Gerade angesichts explodierender Kosten etwa für Energie trage die Londoner Entscheidung zur Unsicherheit der Unternehmen bei, betonte der Partner bei der Londoner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Blick Rothenberg.