Deutscher in der Türkei wegen Präsidentenbeleidigung vor Gericht
In der Türkei muss sich ein Deutscher wegen Präsidentenbeleidigung vor Gericht verantworten. Ihm drohen bis zu sechs Jahre Haft.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Deutscher steht in der Türkei wegen Beleidigung von Erdogan vor Gericht.
- Er war in der Nacht zum 25. August während eines Urlaubs festgenommen worden.
In der Türkei muss sich seit Donnerstag der Deutsche Hüseyin M. wegen Präsidentenbeleidigung vor Gericht verantworten. Wie sein Anwalt Erdal Güngör mitteilte, begann der Prozess am Nachmittag vor einem Gericht in Ankara. Dem Braunschweiger drohen demnach bis zu sechs Jahre Haft wegen Beleidigung des Präsidenten und eines Amtsträgers. Er soll den heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan 2014 und 2015 auf Facebook beleidigt haben.
Im Jahr 2014 war Erdogan noch Ministerpräsident, 2015 Staatschef. Der 1976 im osttürkischen Tunceli geborene Schlosser Hüseyin M. war in der Nacht zum 25. August während eines Urlaubs im Küstenort Kusadasi festgenommen worden. Wie der «Spiegel» berichtete, wurde er zunächst von einer Richterin freigelassen, aber mit einer Ausreisesperre belegt. Da er keinen Wohnsitz in der Türkei hatte, wurde er später jedoch erneut festgenommen.
Landsleute über App denunzieren
Das Auswärtige Amt bestätigte die Festnahme von M. und erklärte, er werde konsularisch betreut. Demnach befinden sich derzeit fünf deutsche Staatsbürger in der Türkei aus politischen Gründen in Haft. Kürzlich war bekannt geworden, dass die türkischen Behörden eine App entwickelt haben, die es türkischen Bürgern ermöglicht, Landsleute wegen Äusserungen in den Online-Medien zu denunzieren. Auch M. soll per E-Mail denunziert worden sein.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff nannte den Prozess gegen M. einen «Lackmustest für die Annäherungsversprechen Erdogans während seines letzten Deutschlandbesuchs». Für die FDP-Fraktion sei entscheidend, «ob im Verfahren gegen Hüseyin M. rechtsstaatliche Grundsätze oder Rachegelüste den Ausschlag geben». Erdogan hatte sich bei einem Besuch Ende September in Deutschland um eine Wiederannäherung bemüht.