Deutschland: Abschiebeflug in Afghanistan gelandet
Am Freitagmittag landet erstmals seit über drei Jahren wieder ein Flugzeug mit aus Deutschland abgeschobenen Straftätern in Afghanistan.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Freitagmorgen schob Deutschland 28 Straftäter nach Afghanistan ab.
- Bei allen handelt es sich um Männer, die in Deutschland kein Bleiberecht hatten.
- Am Freitagmittag (Ortszeit) landete die Maschine in der afghanischen Hauptstadt Kabul.
- Die Regierung erklärte, Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan wieder zu ermöglichen.
Der erste Abschiebeflug aus Deutschland nach Afghanistan seit über drei Jahren hat sein Ziel erreicht. Am Freitagmittag (Schweizer Zeit) landete die Maschine auf dem Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul.
Am Donnerstag kündigte die deutsche Regierung an, Abschiebungen von Straftätern nach Syrien und Afghanistan wieder zu ermöglichen. Dies, als Reaktion auf den mutmasslich islamistischen Messerangriff auf das Stadtfest von Solingen (D) mit drei Toten letzte Woche. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: «Wir werden sehr bald abschieben.»
Die Regierung meinte dies offenbar ernst. Zum ersten Mal seit der Machtübernahme der Taliban 2021 wurden am Freitagmorgen wieder afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland abgeschoben. Dies teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.
«Es handelte sich hierbei um afghanische Staatsangehörige, die alle verurteilte Straftäter waren», sagte er. Sämtliche Personen hätten kein Bleiberecht in Deutschland gehabt und gegen sie seien Ausweisungsverfügungen vorgelegen. Alle Betroffenen sind Männer, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr.
Auch Vergewaltiger dabei
Laut dem Innenministerium sassen auch zwei afghanische Straftäter aus Sachsen-Anhalt im Flugzeug: «Eine Person wurde wegen zweifacher Vergewaltigung verurteilt und verbüsst eine mehrjährige Jugendstrafe», heisst es vom Ministerium.
«Die zweite Person ist wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt; aktuell wurden gegen ihn staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung und Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige geführt.»
Das sächsische Innenministerium teilte mit, die Maschine sei am Freitagmorgen vom Flughafen Leipzig/Halle abgehoben. Zuvor hatte der «Spiegel» berichtet. Der dpa wurden zudem «Spiegel»-Informationen bestätigt, wonach um 6.56 Uhr ein Charterjet von Qatar Airways von Leipzig aus in Richtung Kabul startete.
In der Boeing 787 sassen demnach 28 afghanische Straftäter, die aus verschiedenen Bundesländern nach Leipzig gebracht worden sind. Organisiert worden sei die Aktion federführend vom Bundesinnenministerium. Verurteilte Straftäter sollen nach früheren Angaben vor einer möglichen Abschiebung einen Grossteil ihrer Strafe hierzulande abgesessen haben.
Gemäss dem «Spiegel» soll jede der 28 Personen vor der Ausreise 1000 Euro Handgeld bekommen haben. Demnach war auch ein Arzt mit im Flugzeug.
Unter den Abgeschobenen sollen auch Gefährder gewesen sein. Also Menschen, denen die Sicherheitsbehörden schwerste politisch motivierte Straftaten bis hin zum Anschlag zutrauten. Es ist denkbar, dass manche der abgeschobenen Straftäter zugleich als Gefährder galten.
Verhandlungen liefen über Katar
Deutschland unterhält zu den Taliban-Machthabern in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Als Vermittlerin agierte laut der Nachrichtenplattfom die Regierung im Golf-Emirat Katar, die gute Kontakte nach Afghanistan pflegt.
Die Pläne der Bundesregierung, Abschiebungen von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen, waren nicht neu. Kanzler Olaf Scholz hatt dies bereits nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim Ende Mai angekündigt.
Der Abschiebeflug startete nun zwar nur wenige Tage nach dem mutmasslich islamistisch motivierten tödlichen Messerattentat von Solingen (D). Er hat aber einen deutlich längeren Vorlauf, hiess es aus Behördenkreisen. Der «Spiegel» schrieb von zwei Monaten.
Hessens Innenminister fordert Rückführungen auch nach Syrien
Nun gelte es, seitens des Bundes weitere Abschiebungen zu organisieren, zitiert «Focus» den hessischen Innenminister Roman Poseck (CDU). «Perspektivisch müssen auch Rückführungen von ausreisepflichtigen Syrern unabhängig von Straftaten möglich werden.»