«Ocean Viking»: Flüchtlinge dürfen in Italien an Land

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Italien,

Rettungsschiffe mit Migranten mussten immer wieder lange auf dem Mittelmeer ausharren, bis EU-Staaten sich auf eine Verteilung der Menschen verständigt hatten. Um das zu ändern, würde Deutschland 25 Prozent der Geretteten aufnehmen. Ziehen andere Länder mit?

Migranten sitzen in einem Boot der italienischen Küstenwache, nachdem sie von Bord des Rettungsschiffs «Ocean Viking» gegangen sind. Foto: Renata Brito/AP
Migranten sitzen in einem Boot der italienischen Küstenwache, nachdem sie von Bord des Rettungsschiffs «Ocean Viking» gegangen sind. Foto: Renata Brito/AP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Ringen um eine Lösung für Migranten-Rettungsschiffe auf dem Mittelmeer bietet Deutschland an, künftig jeden vierten Geretteten von Italien zu übernehmen.

Das machte Innenminister Horst Seehofer deutlich.

Er bezog sich auf Verhandlungen über einen Mechanismus zur Verteilung von aus Seenot geretteten Bootsflüchtlingen in Europa. Die Gespräche liefen noch, sagte der CSU-Politiker der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag). Wenn aber alles bleibe wie besprochen, «können wir 25 Prozent der aus Seenot geretteten Menschen übernehmen, die vor Italien auftauchen». «Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern.»

In Abstimmung mit den italienischen Behörden brachte das Rettungsschiff «Ocean Viking» am Wochenende 82 Bootsflüchtlinge zum Hafen der Insel Lampedusa. Die Ausschiffung mit Booten der Küstenwache begann in der Nacht zum Sonntag. Bis zum Vormittag hatte die Mehrzahl der Männer, Frauen und Kinder das Schiff verlassen, das vor dem Hafen auf Reede blieb.

«Nach 14 Monaten ist die Ocean Viking das erste zivile Rettungsschiff, das autorisiert Menschen an einen sicheren Ort in Italien bringt», schrieb die Hilfsorganisation SOS Méditerranée und begrüsste die Entscheidung der neuen Regierung in Rom als ermutigendes Signal. Nach italienischen Presseberichten werden Deutschland und Frankreich je 24 der 82 Migranten übernehmen, weitere 24 bleiben in Italien. Acht gehen nach Portugal und zwei nach Luxemburg.

Italien und Malta hatten Rettungsschiffen mehrfach die Einfahrt verweigert und gefordert, dass andere EU-Staaten vorher die Aufnahme der Migranten an Bord zusagen. Dies wurde jeweils mühsam im Einzelfall ausgehandelt - die Migranten mussten teils wochenlang auf dem Mittelmeer ausharren. Abhilfe soll ein temporärer Mechanismus schaffen, der die Geretteten auf EU-Länder verteilt, die dazu bereit sind. Am 23. September wollen Deutschland, Frankreich, Italien und Malta bei einem Treffen mit dem EU-Ratsvorsitzenden Finnland im maltesischen Vittoriosa einen gemeinsamen Vorschlag abstimmen.

In Rom war bis vor kurzem Matteo Salvini von der rechten Lega als Innenminister hauptverantwortlich für den harten Kurs in der Migrationspolitik. Nach dem Regierungswechsel hoffen die europäischen Partner wieder auf mehr Kooperationsbereitschaft - und könnten ihrerseits geneigt sein, Hilfe anzubieten, um den innenpolitischen Druck auf die neue Mitte-Links-Koalition zu lindern. Seehofers öffentliches Angebot kann daher auch als Signal vor dem Besuch der neuen italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese am kommenden Mittwoch gewertet werden.

Nach Darstellung der «Süddeutschen Zeitung» und der «Bild»-Zeitung soll auch Frankreich bereit sein, 25 Prozent der in Italien anlandenden Geretteten aufzunehmen. Das französische Präsidialamt äusserte sich dazu nicht. Auch die EU-Kommission wollte Details der laufenden Verhandlungen nicht kommentieren.

Seehofer führte aus: «Ich habe immer gesagt, unsere Migrationspolitik ist auch human. Wir werden niemanden ertrinken lassen.» Deutschland habe auch bisher schon rund ein Viertel der Geretteten aus Italien übernommen. Deutschland hat sich nach Regierungsangaben seit Juni 2018 zur Aufnahme von bis zu 565 aus Seenot geretteten Menschen bereiterklärt, die in Italien oder Malta an Land gebracht wurden.

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte mit, es sei ein «unwürdiger und untragbarer Zustand, dass zwischen den Mitgliedsstaaten bei jedem neuen Schiff die Debatte über die Aufnahme und Verteilung der an Bord befindlichen Schutzsuchenden immer wieder aufs Neue geführt werden muss». Er machte deutlich, dass es nur um die Übernahme von Asylsuchenden nach Rettungseinsätzen im Mittelmeer geht - also beispielsweise nicht um Menschen, die selbst mit Booten nach Italien gelangen.

Insgesamt ist die Zahl der Migranten, die auf dem Seeweg nach Italien kommen, stark gesunken. In diesem Jahr waren es laut Internationaler Organisation für Migration bislang gut 5850.

Scharfe Kritik an Seehofers Angebot äusserte die AfD: «Diese Nachricht wird sich unter Schleppern wie Migranten wie ein Lauffeuer verbreiten, der Run auf Deutschland wird sich noch verstärken», erklärte Fraktionschefin Alice Weidel. Sie forderte, übers Mittelmeer kommende Migranten zurück ans afrikanische Festland zu bringen. FDP-Chef Christian Lindner sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag): «Ich warne Frau Merkel davor, einer so hohen Quote zuzustimmen, denn wir haben über Jahre die Hauptlast in Europa getragen.»

Aber auch in den Reihen der Union gibt es Protest: Der Vorsitzende der konservativen Werteunion, Alexander Mitsch, forderte die CDU/CSU-Fraktion auf, diesen «Alleingang» nicht zu akzeptieren. Sie müsse ein klares Signal setzen, «dass sie es ernst meint mit der Steuerung der Migration», sagte er.

Unterstützung für Seehofer kam hingegen vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. «Wir hoffen, dass die deutsche Initiative ein Schritt in Richtung auf ein berechenbares System ist, das die geordnete und zeitnahe Ausschiffung von Menschen ermöglicht, die auf See gerettet werden», teilte eine Sprecherin mit. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der dpa, Europa müsse jetzt «ein Signal der Solidarität» an die neue italienische Regierung senden.

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