Deutschland schaltet letzte Atomkraftwerke ab

Keystone-SDA
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In Deutschland gehen am Samstag die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz. Mit der Abschaltung von Isar 2 (Bayern), Emsland (Niedersachsen) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) endet dort nach mehr als 60 Jahren das Atomzeitalter.

Isar 2
Das Atomkraftwerk Isar 2 im bayerischen Essenbach. - Armin Weigel/dpa

Der Atomausstieg war in Europas grösster Volkswirtschaft eigentlich längst beschlossene Sache, und die Betriebserlaubnis der letzten drei Reaktoren endete ursprünglich am 31.

Dezember 2022. Doch wegen der Energiekrise als Folge des Ukrainekriegs beschloss die «Ampel»-Regierung aus Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen einen «Streckbetrieb» bis zum 15. April. Die oppositionellen Christdemokraten, die den Ausstieg einst mitbeschlossen hatten, fordern nun vehement eine längere Nutzung der Kernenergie.

Die drei letzten Reaktoren steuerten im vorigen Jahr noch gut sechs Prozent zur deutschen Stromerzeugung bei. Vor rund 20 Jahren war es noch gut ein Viertel aus seinerzeit 19 Kernkraftwerken.

Die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte 2002 den Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland gesetzlich verboten und die Laufzeit aller vorhandenen Anlagen auf je 32 Jahre begrenzt. Die christlich-liberale Regierung unter Angela Merkel (CDU) beschloss im Oktober 2010 eine Verlängerung der Atomlaufzeiten um im Schnitt zwölf Jahre.

Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima schwenkte auch Merkel um. Christdemokraten und Liberale beschlossen nun einen Atomausstieg, der in einigen Punkten über den von Rot-Grün hinausging. 8 der damals noch 17 Reaktoren wurden sofort abgeschaltet, für die übrigen 9 das Enddatum im Atomgesetz festgeschrieben.

Bis zum Beginn des Ukrainekrieges war der Ausstieg in Deutschland nahezu unumstritten, nur die rechtspopulistische AfD plädierte noch für eine längere Nutzung der Atomkraft. Die «Ampel»-Parteien schrieben im Koalitionsvertrag 2021 fest, am Atomausstieg nicht zu rütteln. Nun wollen die Liberalen die letzten drei AKWs in Reserve halten, können dies aber in der Koalition nicht durchsetzen.

Die Christdemokraten sehen Deutschland jetzt gar auf einem Irrweg. Kein anderes Land reagiere auf den Ukraine-Krieg und die verschärfte Energieversorgungslage so wie die Bundesrepublik, sagte CDU-Chef Friedrich Merz am Freitag dem Hörfunksender NDR Info. Der CDU/CSU-Fraktionschef verwies in diesem Zusammenhang auf die weltweit mehr als 400 laufenden und 60 im Bau befindlichen Atomkraftwerke.

CSU-Chef Markus Söder äusserte sich ähnlich: «Das ist ein ganz trauriges Kapitel deutscher Energiepolitik», sagte der bayerische Ministerpräsident im RTL/ntv-«Frühstart». Während die ganze Welt überlege, wie sie in diesen Energiekrisen ihr Portfolio erweitere, mache Deutschland das Gegenteil. «Strom für 10 Millionen Haushalte muss dann ab Sonntag völlig neu organisiert werden», sagte Söder.

Nach der Abschaltung von drei weiteren Reaktoren Ende 2021 ist der Anteil der klimaschädlichen Kohle an der Stromerzeugung in Deutschland 2022 auf 31,4 Prozent gestiegen (2021: 27,8 Prozent). Er könnte sich nun noch weiter erhöhen. Bis 2030 soll in Deutschland aber laut «Ampel» 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. 2022 waren es knapp 44 Prozent.

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