Die Tradition der Schultüte: Ein Symbol des Schulanfangs

Der Brauch, Kindern mit einer Schultüte den Schulbeginn zu versüssen, hat eine über 200-jährige Tradition. Das erste schriftliche Zeugnis darüber stammt aus dem Jahr 1801 aus dem Thüringer Wald. 1817 wurde die Schultüte in Jena und 1820 in Dresden erwähnt.

Eine Schultüte ist ein kegelförmiges Behältnis aus Pappe, das Schulanfänger zur Einschulung erhalten. In manchen Teilen Deutschlands wird sie auch Zuckertüte genannt.

Die frühesten Hinweise auf die Schultüte stammen aus Sachsen und Thüringen. Ein Beleg findet sich in der Autobiographie von Karl Gottlieb Bretschneider. Dieser wurde 1781 oder 1782 in Gersdorf eingeschult und erhielt eine Zuckertüte vom Schulmeister.

Erich Kästner beschreibt in seinen Erinnerungen seinen ersten Schultag 1906 in Dresden und seine „Zuckertüte mit der seidnen Schleife“. Die erste Schultütenfabrik in Deutschland wurde 1894 von Carl August Nestler gegründet, der ab 1910 Zuckertüten serienmässig produzierte. Heute ist die Firma Nestler in Ehrenfriedersdorf der grösste Schultütenhersteller Deutschlands, mit über 2 Millionen Schultüten pro Jahr.

Schultüten wurden zunächst in Mitteldeutschland genutzt. Berlin war die erste Grossstadt. Ausserhalb dieser Region waren Schultüten vor dem Ersten Weltkrieg eher selten gebräuchlich.

Nach und nach verbreitete sich der Brauch in Süd- und Westdeutschland. In Westdeutschland setzte sich die Schultüte nach 1950 verstärkt durch. Frühere Belege gibt es beispielsweise aus Kassel aus dem Jahr 1907.

In Österreich wurde die Tradition erst während der NS-Zeit eingeführt. Dort erlebte der Brauch in den 1950er Jahren eine Wiederbelebung. In der Schweiz ist die Schultüte wenig verbreitet und wird hauptsächlich von Kindern deutscher Einwanderer gepflegt.

Heute werden Schultüten manchmal auch zum Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule oder zum Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums überreicht. Primär sind sie aber mit dem Schulanfang verbunden. Früher wurden Schultüten von Paten überreicht, heute meistens von den Eltern, die sie nur noch selten selbst basteln.