Dieter Hallervorden: Wird er zum Opfer der deutschen Zensur-Welle?
Der ARD-Skandal um den «Palim, Palim»-Sketch von Dieter Hallervorden entfacht eine Debatte: Wo endet Kunstfreiheit, wo beginnt Zensur?

Der deutsche Komiker Dieter Hallervorden löste mit dem N-Wort im ARD-Jubiläumssketch einen Shitstorm aus. «In seiner Rolle thematisierte er überspitzt den Wandel der Sprache», verteidigte der Sender die umstrittene Szene laut «Tagesspiegel».
Dementsprechend nahm der Sender keine Schnitte vor und spielte den Sketch komplett aus. Ein Vorgehen, das viele Menschen fragwürdig finden.
Der 89-Jährige konterte die Kritik mit dem Vorwurf, «woke Menschen» verstünden keine Satire mehr. Dabei hat die Vermeidung rassistischer Begriffe bereits in der Gesellschaft etabliert.
Neben Dieter Hallervorden: Klassiker im Fadenkreuz
So wurde Literatur bereits mehrfach «entschärft». Mark Twains «Huckleberry Finn» gehört zu den am häufigsten zensierten Büchern – nicht nur in Deutschland, auch in den USA.
In einer Neuauflage ersetzte der Verlag NewSouth Books 219 N-Wörter durch «Sklave». Kritiker wie Autor Ishmael Reed nannten dies laut der «Augsburger Allgemeine» «grundfalsch»: «Warum zensieren sie dann nicht die schwarzen Autoren, die das Wort verwenden?»
Schulen strich den Roman teils von Leselisten, um Diskriminierung zu vermeiden. Ähnliche Debatten entbrannten um «Pippi Langstrumpf»: Astrid Lindgrens Werk wurde überarbeitet – etwa durch Ersetzen des Begriffs «N-König».
Auch das Lied «Zehn kleine N[-Wort]lein» wurde dementsprechend abgeändert.
Warum das N-Wort rassistisch ist
Das N-Wort ist ein historisch belasteter Begriff, der tief in kolonialer Gewalt und Rassentheorien verwurzelt ist. Ursprünglich aus dem Lateinischen für «schwarz» abgeleitet, wurde es im Zuge der Versklavung Schwarzer Menschen zu einer entmenschlichenden Fremdbezeichnung.
Es stehe für 400 Jahre Unterdrückung, betont Daniel Gyamerah von Each One Teach One e. V..

Der Begriff diente Weissen dazu, Schwarze Menschen als minderwertig zu markieren – sei es in pseudowissenschaftlichen Rassenlehren oder alltäglicher Diskriminierung.
Heute fungiert die Abkürzung «N-Wort» als Schutz vor Retraumatisierung. Schliesslich würde die weitere Verwendung des Wortes die Gewaltgeschichte reaktivieren, die damit verbunden ist, erklärt der ADAS-Leitfaden für Schulen.
Sprachwandel im Fokus
Doch auch der Streit um «Indianer» als Begriff zeigt: Sprache ist im Fluss. Während der Begriff lange nicht als diskriminierend galt, legen heutzutage viele Menschen Wert auf den korrekten Begriff der «Ureinwohner Amerikas».
Hallervorden spielte in seinem Sketch bewusst mit solchen Tabus – und traf einen Nerv. Die ARD betonte, man stehe «für Vielfalt und Kunstfreiheit», berichtet der «Tagesspiegel».