Dieter Hallervorden: Wird er zum Opfer der deutschen Zensur-Welle?

Fabia Söllner
Fabia Söllner

Deutschland,

Der ARD-Skandal um den «Palim, Palim»-Sketch von Dieter Hallervorden entfacht eine Debatte: Wo endet Kunstfreiheit, wo beginnt Zensur?

hallervorden israel
Dieter Hallervorden im Schlosspark Theater. - dpa

Der deutsche Komiker Dieter Hallervorden löste mit dem N-Wort im ARD-Jubiläumssketch einen Shitstorm aus. «In seiner Rolle thematisierte er überspitzt den Wandel der Sprache», verteidigte der Sender die umstrittene Szene laut «Tagesspiegel».

Dementsprechend nahm der Sender keine Schnitte vor und spielte den Sketch komplett aus. Ein Vorgehen, das viele Menschen fragwürdig finden.

Der 89-Jährige konterte die Kritik mit dem Vorwurf, «woke Menschen» verstünden keine Satire mehr. Dabei hat die Vermeidung rassistischer Begriffe bereits in der Gesellschaft etabliert.

Neben Dieter Hallervorden: Klassiker im Fadenkreuz

So wurde Literatur bereits mehrfach «entschärft». Mark Twains «Huckleberry Finn» gehört zu den am häufigsten zensierten Büchern – nicht nur in Deutschland, auch in den USA.

In einer Neuauflage ersetzte der Verlag NewSouth Books 219 N-Wörter durch «Sklave». Kritiker wie Autor Ishmael Reed nannten dies laut der «Augsburger Allgemeine» «grundfalsch»: «Warum zensieren sie dann nicht die schwarzen Autoren, die das Wort verwenden?»

Findest du die Abänderung bzw. Zensur von Büchern und Liedern richtig?

Schulen strich den Roman teils von Leselisten, um Diskriminierung zu vermeiden. Ähnliche Debatten entbrannten um «Pippi Langstrumpf»: Astrid Lindgrens Werk wurde überarbeitet – etwa durch Ersetzen des Begriffs «N-König».

Auch das Lied «Zehn kleine N[-Wort]lein» wurde dementsprechend abgeändert.

Warum das N-Wort rassistisch ist

Das N-Wort ist ein historisch belasteter Begriff, der tief in kolonialer Gewalt und Rassentheorien verwurzelt ist. Ursprünglich aus dem Lateinischen für «schwarz» abgeleitet, wurde es im Zuge der Versklavung Schwarzer Menschen zu einer entmenschlichenden Fremdbezeichnung.

Es stehe für 400 Jahre Unterdrückung, betont Daniel Gyamerah von Each One Teach One e. V..

Neue Auflagen der Kinderbücher über Jim Knopf sollen künftig ohne rassistische Sprache auskommen.
Auch die neuen Auflagen der Kinderbücher über Jim Knopf sollen künftig ohne rassistische Sprache auskommen. - Bernd Weissbrod/dpa

Der Begriff diente Weissen dazu, Schwarze Menschen als minderwertig zu markieren – sei es in pseudowissenschaftlichen Rassenlehren oder alltäglicher Diskriminierung.

Heute fungiert die Abkürzung «N-Wort» als Schutz vor Retraumatisierung. Schliesslich würde die weitere Verwendung des Wortes die Gewaltgeschichte reaktivieren, die damit verbunden ist, erklärt der ADAS-Leitfaden für Schulen.

Sprachwandel im Fokus

Doch auch der Streit um «Indianer» als Begriff zeigt: Sprache ist im Fluss. Während der Begriff lange nicht als diskriminierend galt, legen heutzutage viele Menschen Wert auf den korrekten Begriff der «Ureinwohner Amerikas».

Hallervorden spielte in seinem Sketch bewusst mit solchen Tabus – und traf einen Nerv. Die ARD betonte, man stehe «für Vielfalt und Kunstfreiheit», berichtet der «Tagesspiegel».

Mehr zum Thema:

Kommentare

User #2663 (nicht angemeldet)

Klar kann man die Geschichte leugnen und sich eine "schönere" zusammen phantasieren, das führt jedoch nur dazu, dass sie sich unweigerlich erneut wiederholen wird!

User #1321 (nicht angemeldet)

Warum heisst diese Webseite überhaupt nau? Zensi wäre doch viel treffender! Auch mein Kommentar scheint den Studenten nicht gepasst zu haben!

Weiterlesen

Asyl
Nürnberg
Jussie Smollett
N-Wort-Verbot
Rassismus
Oft am Arbeitsplatz
Kentucky
Im Verkehrshaus

MEHR IN NEWS

a
9 Interaktionen
Empörung
a
Zwei Lager
a
Auto-Streit eskaliert
a
Billiger Luxus?

MEHR AUS DEUTSCHLAND

a
Champions League
BVB Barcelona Champions League
Guirassy-Gala
Adolf Muschg Buchmesse
NSDAP-Mitgliedschaft