Drogen und Pillen in Umwelt – Fische werden süchtig!
Schwedische Forschende warnen, dass die Verschmutzung der Natur durch pharmazeutische Produkte und Drogen immer mehr zum Problem für Tiere wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Drogen und Medikamente gelangen bei der Produktion oder durch Ausscheidung in die Natur.
- Laut Forschern kann das erschreckende Auswirkungen auf die Tierwelt haben.
- Die Folge: Die Tiere werden süchtig, teilweise ändern sie ihr Verhalten.
Eine neue schwedische Studie warnt vor einer immer grösseren Bedrohung für die Tierwelt: pharmazeutische Produkte und Drogen, die durch Menschen in der Natur landen. Die Forschenden dahinter appellieren in einem Artikel in der Zeitschrift «Nature Sustainability», dass Medikamente dringend «grüner» werden müssten.
«Es gibt mehrere Wege, auf denen diese Chemikalien in die Umwelt gelangen können», wird Mitautor Michael Bertram im «Guardian» zitiert. So würden etwa Pharmazeutika bei der Herstellung von Medikamenten freigesetzt.
Hinzu komme, dass gewisse Medikamente nach der Einnahme nicht komplett im menschlichen Körper abgebaut werden. «So gelangen sie über unsere Exkremente ins Abwasser und damit in die Umwelt.»
«Süchtige» Forellen – Barsche verlieren Angst vor natürlichen Feinden
Die Folgen sind den Forschern zufolge teils verheerend: Bei einigen Tieren führe das nämlich zu erheblichen Veränderungen des Verhaltens oder der Anatomie. Die Rede ist von Bachforellen, die «süchtig» nach Methamphetamin werden.
Oder von Flussbarschen, die wegen Medikamenten gegen Depressionen ihre Angst vor ihren natürlichen Feinden verlieren. Ausserdem sei es bei gewissen Fischbeständen wegen der Antibabypille zu einer Geschlechtsumkehr gekommen.
Auch Vögel sind betroffen: Starenweibchen werden wegen Antidepressiva weniger attraktiv für potenzielle Partner. Und die männlichen Stare würden sich aggressiver verhalten und weniger singen, um Weibchen anzulocken.
«Pharmazeutische Wirkstoffe finden sich in den Gewässern rund um den Globus, auch in Organismen, die wir essen könnten», erklärt Bertram. Medikamente gegen Angstzustände, Antidepressiva, Antipsychotika, Drogen wie Kokain und Meth sowie Koffein – das alles gelange in die Ökosysteme.
Medikamente in Natur können zu Kettenreaktion führen
Bereits eine Studie aus dem Jahr 2022 untersuchte 61 Substanzen in über 1000 Flussstellen in 104 Ländern. Das Resultat: In über 43 Prozent der Stellen wurde mindestens eine der untersuchten Substanzen nachgewiesen. Dies auf einem Niveau, das als gefährlich für die Umwelt gilt.
Bertram nennt zudem ein Beispiel aus Südasien, wo Rindern zwischen 1997 und 2007 das entzündungshemmende Medikament Diclofenac regelmässig verabreicht wurde.
Das hatte eine Kettenreaktion zur Folge: Die Geierpopulation ging um rund 97 Prozent zurück, weil die Vögel Rinderkadaver frassen und daraufhin starben.
Weil die toten Rinder nicht mehr von den Geiern gefressen wurden, taten sich stattdessen Hunde daran gütlich. Das wiederum führte dazu, dass es unter ihnen einen Anstieg an Tollwut gab.
Laut Bertram und seinem Team müsste das Ziel sein, dass Medikamente «grüner» werden – sprich leichter abgebaut werden können. Hinzu wäre eine Verbesserung der Abwassersysteme wünschenswert, damit die Wirkstoffe nicht in die Umwelt gelangen.