Erste Gay Pride in Bosnien-Herzegowina löst homophobe Reaktionen aus
Anfang September wird Bosnien-Herzegowinas erste Gay Pride gefeiert. Ihr stehen aber viele homophobe Gegner, auch aus den Reihen der Polizei, gegenüber.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 8. September wird in Sarajevo die erste Gay Pride Bosnien-Herzegowinas veranstaltet.
- Bosnische Polizeischüler erstellen eine Umfrage, ob die Protestler verhaftet werden sollen
Ein Posting der Facebookseite «Polizeiakademie Bosnien-Herzegowina» sorgt im bosnischen Internet zurzeit für Aufregung. «Soll die Polizei LGBT beschützen, oder inhaftieren?», wird gefragt. Was ist passiert?
Einige Stunden zuvor hatten bosnische LGBT-Aktivisten bekannt gegeben, dass die erste Gay Pride in der Geschichte des Landes am 8. September in Sarajevo stattfinden wird.
Das Westbalkanland ist neben der Republik Nordmazedonien der einzige Nachfolgestaat Jugoslawiens, in dem noch kein Christopher Street Day stattgefunden hat.
«Gay Pride»-Umfrage von Polizeischülern
Unter der Facebook-Umfrage der Polizisten ist eine interaktive Abstimmungsgrafik platziert. Bei der Auswahloption «OBEZBJEDUJE» («Beschützen») sieht man LGBT-Aktivisten, die von der Polizei Protektion erfahren.
Wer gegen den Schutz der Pride-Teilnehmer stimmen will, drückt auf «PRIVODI» («Inhaftieren»). Visuell dargestellt wird das durch das Foto einer am Boden liegenden und dabei von zwei Polizisten angegangenen LGBT-Aktivistin.
Die Seite hat über 24'000 «Gefällt mir»-Angaben. 57 Prozent der 3'600 Teilnehmenden stimmten dafür ab, die «Gay Pride»-Gänger zu verhaften (Stand: Mittwoch, 18 Uhr).
Laut Recherchen des Onlineportals «radiosarajevo.ba» handelt es sich um keinen offiziellen Facebook-Auftritt der bosnischen Polizei. Die Seite soll von Schülern der staatlichen Polizeiakademie betriebenen werden.
Unter dem Beitrag wird zu einer Petition für ein Verbot der Pride verlinkt. In den offiziellen Kommentaren unter dem Post werden Homosexuelle zudem mit Zoophilie in Verbindung gebracht.
Angriffe auf LGBT-Community
Fakt ist: Das Posting steht symbolisch für die Sorgen vieler LGBT-Aktivisten um die Sicherheitslage ihrer Community im Land. In der Vergangenheit kam es in Südosteuropa wiederholt zu Angriffen auf Teilnehmer der Prides.
In Sarajevo selbst wurden Teilnehmer von LGBT-Veranstaltungen und Filmfestivals wiederholt von Hooligans, Nationalisten und religiösen «Eiferern» attackiert.
Auch bosnische Politiker äusserten sich abwertend über die Pride. Samra Cosovic-Hajdarevic von der islamisch-nationalistischen SDA kritisierte die Organisatoren auf Facebook scharf. Sie wirft ihnen vor, das Land und sein Volk zu zerstören. Dieses Posting wurde inzwischen gelöscht.
Muhamed Velic, ein bekannte Imam, teilte mit seinen 67'000 Abonnenten einen Text, indem er Homosexuelle mit Viren und Bakterien verglich. Auch dieser Post (Bild unten) findet sich nicht mehr auf dem sozialen Netzwerk. Laut Velic wurder der Text von Facebook gelöscht.
«Gay Pride»-Organisatorin Emina Bosnjak sagt: «Diese Parade ist für uns eine Möglichkeit, auf die Verletzung der Rechte von LGBT-Personen in diesem Land und die Gewalt aufmerksam zu machen. Und darüber zu sprechen.»