Estlands neue Regierung will an «Estonia»-Untersuchung festhalten
Estland will auch nach dem Regierungswechsel in Tallinn an der Aufarbeitung des Untergangs der vor 26 Jahren gesunkenen Ostsee-Fähre «Estonia» festhalten.
Das Wichtigste in Kürze
- «Die neue estnische Regierung ist entschlossen, die Untersuchung des Wracks der Estonia voranzutreiben», erklärte Ministerpräsidentin Kaja Kallas nach einem Telefonat mit ihrem schwedischen Amtskollegen Stefan Löfven am Freitagabend.
Sie begrüsste, dass Schweden Änderungen am geltenden Grabfrieden vornehmen will, um den Schiffsrumpf am Ostseegrund genauer untersuchen lassen zu können.
Die «Estonia» war 1994 mit 989 Menschen an Bord auf ihrem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der finnischen Südküste gesunken. Mit 852 Toten gilt der Untergang als die schwerste Schiffskatastrophe in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Weil viele der Toten nicht geborgen werden konnten, steht das Wrack als Ruhestätte unter Schutz und darf nicht aufgesucht werden - das legt der Grabfrieden fest.
Die schwedische Regierung hatte zuletzt einen Gesetzesvorschlag zur Änderung des Grabfriedens vorgelegt, um der staatlichen Havariekommission einen Tauchgang zur «Estonia» zu ermöglichen. Gemeinsam mit ihren Partnerbehörden in Estland und Finnland will die Kommission herausfinden, wie ein grosses und lange Zeit unbekanntes Loch im Rumpf entstanden ist, das Aufnahmen von Dokumentarfilmern im vergangenen Jahr enthüllt haben.
«Dies ist ein Weg, den Estland, Finnland und Schweden gemeinsam beschreiten müssen. Wir sind uns einig, dass die Untersuchung von unabhängigen Institutionen geleitet werden sollte», wurde Kallas in einer Mitteilung der Staatskanzlei in Tallinn zitiert. Die 43-jährige und ihr Kabinett hatten am Dienstag ihr Amt angetreten.
Warum die «Estonia» unterging, konnte bislang nicht zweifelsfrei geklärt werden. Dem offiziellen Untersuchungsbericht aus dem Jahr 1997 zufolge war das abgerissene Bugvisier die Ursache für den Untergang. Überlebende und Hinterbliebene fordern seit langem, dass die Untersuchungen wieder aufgenommen werden. Ein Dokumentarfilm hatte im September die Diskussion wieder aufleben lassen.