ETH-Militärökonom: «Russland hat Krieg strategisch schon verloren»
Gemäss Marcus Keupp, Militärökonom an der ETH Zürich, ist der Krieg in der Ukraine strategisch bereits zugunsten der Ukraine entschieden.
Das Wichtigste in Kürze
- ETH-Militärökonom Marcus Keupp macht erneut Prognosen zum Ukraine-Krieg.
- Im Oktober werde es deutlicher, dass sich das Blatt zugunsten der Ukraine wendet, sagt er.
- Die russische Armee sei in den letzten drei Monaten stark abgenutzt worden.
Mehr als eineinhalb Jahre ist es her, seitdem Russland in der Ukraine einmarschiert ist. Und immer noch sieht es nicht danach aus, als würde der Krieg in der Ukraine in naher Zukunft ein Ende finden.
Marcus Keupp sorgte Ende 2022 mit einer Aussage für Aufsehen. Der ETH-Militärökonom meinte damals, dass der Krieg strategisch bereits zugunsten der Ukraine entschieden sei. Im Interview mit der «Handelszeitung» nimmt er nun erneut Stellung zu seinen Prognosen.
Krieg im Oktober entschieden?
«Ich stehe unverändert zu meiner Aussage, dass der Krieg im Oktober strategisch entschieden sein wird», präzisiert Keupp. Die einsatzfähigen Bestände seien allmählich aufgebraucht.
«Mit jedem Kriegstag werden die Russen stärker abgenutzt und ihre Position schlechter», führt der Militärökonom fort. Gut 40 Prozent aller russischen Verluste bei der Artillerie seien in den letzten drei Monaten entstanden.
«So wie der Krieg läuft, kann das russische Regime nicht gewinnen. Strategisch hat es schon verloren», präzisiert er in einem Interview mit der «Zeit».
2022 prognostizierte Keupp zudem, dass die Ukraine den Krieg im Jahr 2023 gewinnen werde. Nun konkretisierte der 46-Jährige im Interview seine damalige Aussage. Damit meine er nicht, dass die Kampfhandlungen enden würden.
«Wenn Putin ein militärisch rationaler Mensch wäre, hätte er längst eingesehen, dass er den Krieg nicht mehr gewinnen kann», führt Keupp aus. Beim russischen Machthaber sei die Angst entstanden, «dass sein Regime komplett kollabiert, sollte er seine Truppen plötzlich zurückziehen.»
Wladimir Putin müsse sich nun irgendein Exitnarrativ überlegen, um die Niederlage als «begrenzten Erfolg» aussehen zu lassen. Zudem halte er eine Atom-Eskalation für «einen reinen Bluff», sagt Keupp, der an der ETH Zürich als Dozent für Militärökonomie Berufsoffiziere der Schweizer Armee unterrichtet.