Serbien-Konflikt:«So fing Ukraine-Krieg an – Ängste im Kosovo gross»
Viele Kosovaren haben Angst vor einer Eskalation mit Serbien. Osteuropa-Korrespondent Peter Balzli glaubt dennoch nicht an einen Krieg.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Aufmarsch serbischer Militäreinheiten ist die Sorge im Kosovo gross.
- SRF-Korrespondent Peter Balzli glaubt nicht an einen Krieg – auch wegen der Nato.
- Serbiens Präsident Vucic zieht nach der US-Warnung einige Truppen zurück.
Der Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo verschärft sich weiter. Die kosovarische Regierung beschuldigt Belgrad, Militäreinheiten aus verschiedenen Richtungen in Richtung des Kosovo vorgerückt zu haben, was ihrer Ansicht nach einer möglichen militärischen Aggression gegen das Kosovo dienen könnte.
Laut der kosovarischen Regierung sind Einheiten der Zweiten Brigade der serbischen Armee aus der Region Raska in Richtung der Nordgrenze des Kosovos gezogen, Einheiten der Dritten Brigade aus der Region Nis in Richtung der nordöstlichen Grenze und Einheiten der Vierten Brigade aus der Region Vranje in Richtung der Ostgrenze.
Serbien hingegen bestreitet die Vorwürfe und betont, dass es keinen Krieg wolle. Der serbische Präsident Aleksander Vucic sagte gegenüber der «Financial Times», dass eine Eskalation kontraproduktiv sei. «Serbien will keinen Krieg».
Zudem bekräftigte er, dass Serbien einen Teil seiner Truppen weider von der Grenze zurückgezogen habe. Er habe den Rückzug selbst angeordnet, so Vucic zur Zeitung.
SRF-Osteuropa-Korrespondent Balzli: «So fing Ukraine-Krieg an»
Den Menschen im Kosovo bereitet die aktuelle Lage grosse Sorgen. Wie SRF-Osteuropakorrespondent Peter Balzli am Mikrofon verdeutlicht, sei die Lage ernst. «Weil eben genau so der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine angefangen hat, sind die Nerven in Kosovo angespannt und die Ängste so gross», so der Journalist im SRF.
An einen baldigen Krieg glaubt er dennoch nicht – auch weil die innenpolitische Situation rund um Präsident Vucic in Serbien als destabilisiert gilt:
«Vucic ist aber innenpolitisch unter grossem Druck. Diesen Sommer gab es mehrere, riesige Demonstration gegen Vucic und seine Regierung. Und Vucic versucht jetzt wieder die Menschen im Land den hinter sich und seine Regierung zu – und das geht am einfachsten mit dem Thema Kosovo. Da kann er einfach Sympathien und Unterstützung holen bei seinen Leuten.»
Putin-Freund? Vucic als Problem für Europa
Dass die Lage in den kommenden Wochen weiter angespannt bleibt, zweifelt Balzli aber nicht an. Die Strategie der Europäischen Union im Umgang mit Serbien sieht er als gescheitert an. Gegen eine weitere Deeskalation an der serbisch-kosovarischen Grenze spricht die Stationierung von Nato-Kräften im Kosovo.
«Ich glaube nicht, dass wir unmittelbar vor einem Krieg stehen – zumindest nicht solange die NATO im Kosovo stationiert ist. Aber die europäische Union, sie hat sich seit ein paar Jahren mit Alexander Vucic arrangiert, fasst ihn mit Samthandschuhen an, in der Hoffnung, dass sich Serbien langsam abwendet von Russland und sich der europäischen Union zuwendet. Aber nach allem was in den letzten Wochen und Tagen passiert ist muss man sagen: diese Strategie ist wirklich gescheitert», fasst der Osteuropa-Experte zusammen.