EU-Kommission verweigert Parlament Einsicht in Impfstoffverträge
Die EU-Kommission verweigert dem Europaparlament weiterhin die Einsicht in die mit sechs Herstellern von Corona-Impfstoffen getroffenen Vereinbarungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Scharfe Kritik von EU-Abgeordneten.
«Die Offenlegung jeglicher vertraulicher Informationen zu diesem Zeitpunkt würde die laufenden Verhandlungen mit den Unternehmen untergraben», sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Donnerstag bei einer Anhörung im parlamentarischen Haushaltskontrollausschuss. Von den Abgeordneten kam scharfe Kritik.
Die Mitgliedstaaten der EU hatten sich im Sommer darauf verständigt, die Kommission mit dem Aushandeln von Lieferverträgen mit Herstellern künftiger Corona-Impfstoffe zu beauftragen. Die Behörde traf seitdem Vereinbarungen mit Biontech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca, Curevac, Johnson & Johnson und Sanofi. Vertragsdetails wie die Preise der einzelnen Vakzine und Fragen der Haftung bei Nebenwirkungen machte Brüssel unter Verweis auf Vertraulichkeitsklauseln nicht publik.
«Wir können nicht einseitig entscheiden, vertrauliche Informationen wie Preise aus diesen Verträgen offenzulegen», unterstrich Kyriakides. Die Verhandlungen seien noch nicht beendet und «wir müssen dabei eine möglichst starke Position behalten». Eine Einsichtnahme für die Abgeordneten könne es erst nach Abschluss aller Verhandlungen geben. Im November hatte die Gesundheitskommissarin noch zugesagt, die Möglichkeit der Einsichtnahme «unter speziellen Umständen» zu prüfen.
Die französische Grünen-Abgeordnete Michèle Rivasi reagierte ungehalten. «Ich bin enttäuscht.» Es müsse auch im Rahmen der Vertragsabsprachen möglich sein, die für die Bürger relevanten Passagen öffentlich zu machen. «Ich akzeptiere nicht, dass wir dafür das Ende der Verhandlungen abwarten müssen.»
Die Ausschuss-Vorsitzende Monika Hohlmeier (CSU) schloss sich dem. Das Parlament habe die Pflicht, «zu prüfen, inwiefern die Kommission hier die Gelder adäquat ausgibt». «Wir werden uns unter keinen Umständen damit zufrieden geben, dass Sie uns auf die lange Bank schieben», zumal die Preise der sechs Impfstoffe bereits bekannt seien. Eine belgische Regierungsvertreterin hatte die vertraulichen Informationen aus Versehen auf Twitter veröffentlicht.
Zuletzt wurde der Kommission zudem vorgeworfen, zu wenig Impfstoff bei den Herstellern Pfizer/Biontech und Moderna bestellt zu haben, deren Vakzine als einzige mittlerweile in der EU zugelassen sind. Kyriakides wies dies zurück. «Im Juni und im Verlauf der Verhandlungen bis November konnte niemand wissen, welcher der Impfstoffe am vielversprechendsten war.»
Im Übrigen hätten ausnahmslos alle Mitgliedstaaten den Ansatz der Kommission mitgetragen und seien an den Verhandlungen beteiligt gewesen, sagte die Kommissarin. Auch habe es keinerlei «Nationalismus» bei der Auswahl der Vertragspartner gegeben, versicherte Kyriakides.
Insbesondere aus Deutschland war der Vorwurf laut geworden, der Vertrag mit dem französischen Konzern Sanofi sei nur auf Druck der französischen Regierung zustande gekommen. Paris wies diese Darstellung als «absurd» zurück. Bei der Entwicklung des Sanofi-Vakzins gab es zuletzt erhebliche Verzögerungen.