EU und Italien ignorieren Flüchtlingsunglück von Lampedusa
Der Bürgermeister beklagte, dass sich niemand mehr um Lampedusa kümmere. Früher sind EU-Politiker an das Gedenken gekommen – heute ist keiner anwesend.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor genau fünf Jahren ist ein Flüchtlingsschiff gesunken. Mehr als 360 Menschen starben.
- Zum Gedenkmarsch waren weder Regierungsvertreter Italiens, noch EU-Politiker da.
Einst kamen EU-Politiker und Regierungsvertreter – mittlerweile ist das Gedenken an die Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa in den Hintergrund gerückt: «Wir sind hier wie jedes Jahr, aber die Regierung ist nicht dabei», kritisierte der Bürgermeister der sizilianischen Insel, Salvatore Martello, heute Mittwoch bei einem Marsch in Gedenken an das Unglück laut italienischer Nachrichtenagenturen.
Am 3. Oktober vor fünf Jahren war ein Schiff mit rund 550 Migranten gesunken; mehr als 360 starben.
Lampedusa als Wendepunkt
Das Unglück galt als Wendepunkt in der europäischen Flüchtlingspolitik. Die italienische Regierung setzte danach das Rettungsprogramm «Mare Nostrum» ein, das es allerdings mittlerweile nicht mehr gibt. In Rom regiert seit Juni eine Koalition aus rechter Lega und europakritischer Fünf-Sterne-Regierung, die sich vor allem mit einer harten Hand gegen Migranten hervortut.
«Die Antwort, die wir von Italien und von Europa bekommen, ist das Schweigen. Und den Versuch, die neuere Geschichte auszulöschen», sagte Martello. Er beklagte, dass sich niemand mehr um Lampedusa kümmere, wo aber immer noch Migranten anlandeten - wenn auch nicht zu Zehntausenden wie noch vor einigen Jahren.
Auch Überlebende des Oktober-Unglücks kamen jetzt nach Lampedusa. Sie trafen sich unter anderem mit dem Eismacher Vito Fiorino, der als erster am Unglücksort war und 47 Menschen rettete. Auch Migranten, die mittlerweile in Deutschland lebten, seien darunter, sagte Fiorino der dpa.