Europaabgeordnete empört über volle Stadien bei Fussball-EM
Angesichts der hohen Zuschauerzahlen in den Stadien und tausender Corona-Infektion im Umfeld der Fussball-Europameisterschaft wird die Kritik an der Europäischen Fussball-Union (Uefa) schärfer.
Das Wichtigste in Kürze
- Grüne: Regierungen «kuschen» vor Uefa.
«Mir fehlt jedes Verständnis für das lediglich gewinnorientierte Agieren der Uefa, welches sie im Verlaufe des Turniers schon mehrfach gezeigt hat», sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Europa-SPD, Tiemo Wölken, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Samstagsausgaben). «Dieses Verhalten gefährdet Menschenleben und kann uns in der Pandemiebekämpfung weit zurückwerfen.»
Der Gesundheitsexperte der europäischen Konservativen, Peter Liese (CDU), sagte dem RND: «Es ist mittlerweile leider bewiesen, dass die Euro 2020 ein Pandemietreiber ist.» In Finnland etwa sei die Sieben-Tage-Inzidenz nach dem Spiel Finnlands gegen Belgien im russischen St. Petersburg sprunghaft angestiegen. «Und wir wissen auch aus Schottland, dass es viele Infektionen im Zusammenhang mit der Euro 2020 gibt», sagte Liese.
Der CDU-Politiker sprach von einem «Schlag ins Gesicht für alle Kulturschaffenden, die noch mit Einschränkungen leben müssen». Betroffen seien auch «die Kinder und Jugendlichen, die monatelang keinen Mannschaftssport treiben durften, und jetzt wieder darum zittern müssen, ob der Schulbetrieb nach den Ferien geordnet weitergehen kann», sagte Liese.
Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold sieht auch die Regierungen in der Verantwortung. «Es ist kein gutes Zeichen für die Demokratie, wenn Regierungen vor einem durch Korruption gekennzeichneten Fussballverband kuschen», sagte Giegold.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am Donnerstag an die Uefa appelliert, die Zahl der Zuschauer bei den verbleibenden Spielen zu verringern. Die Haltung der Uefa bezeichnete er als «absolut verantwortungslos». Die Halbfinal-Spiele und das EM-Endspiel sollen vor jeweils 60.000 Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion ausgetragen werden. «Ich bin sorgenvoll und skeptisch, ob das gut ist und nicht ein bisschen viel», sagte am Freitag auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Bei der blossen Kritik der Regierung dürfe es aber nicht bleiben, sagte Giegold: «Der Staat muss den Gesundheitsschutz auch gegen die Uefa durchsetzen. Gegen die Verantwortungslosigkeit der Uefa darf die Politik nicht machtlos sein.» Die Regierungen scheuten aber den Konflikt mit dem mächtigen Fussballverband, sagte der Grünen-Europaabgeordnete: «Die Uefa gleicht mittlerweile einem 'Staat im Staat'».