Forscher wollen Retouren im Onlinehandel reduzieren
Retouren im Onlinehandel sind lästig für die Verbraucher, schlecht für die Umwelt und aufwendig für die Unternehmen. Ein neues Tool könnte helfen.
Retouren im Onlinehandel sind lästig für die Verbraucher und belasten Umwelt und Wirtschaft – ein neues Tool der Hochschule Hof könnte die Zahl der Rücksendungen senken. Ein Online-Demonstrator soll helfen, dass im Internet-Shop gleich die individuell passende Kleidung ausgesucht wird – und soll so die Retourenflut eindämmen.
Der Ansatz: Produkte können am Computer virtuell anprobiert werden, wie Projektleiter Christian Groth vom Institut für Informationssysteme der oberfränkischen Hochschule sagte. Das Ziel: Die Kundschaft soll eine möglichst präzise Vorauswahl hinsichtlich Passform, Grösse und Geschmack treffen können – fast wie in der Umkleidekabine im Laden. «Lediglich das Tasterlebnis des Stoffes oder das Tragegefühl ist hier noch nicht darstellbar.»
«Man sieht, ob die Ärmel zu lang sind»
Der Demonstrator verwendet das aktuelle Kamerabild der Kundin oder des Kunden sowie Bilder der Artikel in unterschiedlichen Posen. «So ist es möglich, eine fotorealistische und grössenkorrekte Darstellung des gewählten Kleidungsstückes virtuell an den Kunden anzupassen», sagte Groth. Bei derzeit gängigen Computermodellen, die zu bestellende Kleidung an Menschen darstellten, würden die Textilien immer perfekt passen – und die Enttäuschung sei gross, wenn das Paket dann ankomme.
Beim Demonstrator aus Hof hingegen gehe es präziser zu: «Man sieht, ob beispielsweise die Ärmel zu lang sind.» Einzig die Gesamtkörpergrösse müsse die Kundschaft zusätzlich zum Foto noch angeben, «der Rest wird errechnet», sagte Groth weiter. Die Hochschule will ihr Tool als Open-Source-Software veröffentlichen und hofft damit, vor allem kleinere und mittlere Unternehmen zu unterstützen.
Im Onlinehandel gibt es grosse Bemühungen, die Zahl der Retouren zu senken, weil die Rücksendungen hohe Kosten verursachen. Laut einer im Dezember veröffentlichen Studie des Handelsforschungsinstituts EHI müssen Händler für jeden zurückgesendeten Artikel im Schnitt zwischen fünf und zehn Euro aufwenden.
Fast die Hälfte der bestellten Kleidung geht zurück
Laut EHI liegen die Quoten für Retouren im Schnitt zwischen sechs und zehn Prozent, bei Modeprodukten sogar bei 26 bis 50 Prozent. Doch auch für die Verbraucher ist es nur auf den ersten Blick bequem, die Kleidung nach Hause geliefert zu bekommen. Wenn es nicht passt, oder nicht gefällt, müssen Jeans und Co. wieder verpackt werden, ein Retourenschein erstellt und das Paket wieder zum Paketdienstanbieter gebracht werden. Zudem verlangen einige Händler inzwischen Geld für die Rücksendungen.
Retouren im Textilbereich seien unter anderem deshalb so häufig, weil Kunden oft die gewünschte Ware in zwei Grössen bestellen, damit eine dann auch wirklich passt, sagte Marco Atzberger, Mitglied der EHI-Geschäftsleitung. Um dies zu verhindern, gebe es derzeit zwei Möglichkeiten: Den Händlern sei daran gelegen, die Ware möglichst genau zu beschreiben, etwa auch mit Hinweisen, ob das Kleidungsstück gross oder klein ausfalle. Eine andere Variante sei es, den Kunden quasi zu vermessen. Doch hier sieht Atzberger eine Hürde – nämlich die Akzeptanz der Verbraucher, diese Daten zur Verfügung zu stellen.