Tausende Lkw-Fahrer sitzen in England frustriert fest

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USA,

Seit Tagen warten zahlreiche Lastwagen in Südostengland auf die Ausreise nach Frankreich. Nun stehen die Grenzen wieder offen - aber nur bei negativem Corona-Test. Noch immer geht es nicht voran.

Die Polizei hält Fahrer zurück, die versuchen, in den Hafen von Dover zu laufen. Am englischen Hafen Dover ist es zwischen wartenden Lkw-Fahrern und der Polizei zu Schubsereien und Handgemenge gekommen. Foto: Steve Parsons/PA Wire/dpa
Die Polizei hält Fahrer zurück, die versuchen, in den Hafen von Dover zu laufen. Am englischen Hafen Dover ist es zwischen wartenden Lkw-Fahrern und der Polizei zu Schubsereien und Handgemenge gekommen. Foto: Steve Parsons/PA Wire/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Nerven bei Tausenden Lastwagenfahrern in England liegen blank.

Mit Hupkonzerten haben die Trucker am Hafen von Dover ihrem Ärger Luft gemacht. «Wir wollen nach Hause», schrien sie.

Eine kleine Gruppe geriet mit Polizisten aneinander, die den Zugang zum Hafen absperrten. Es kam zum Handgemenge, ein Mann wurde festgenommen.

Seit Tagen haben die Fahrer ausgeharrt. In der Nacht zum Mittwoch öffnete Frankreich nach zwei Tagen zwar wieder die Grenze für Lastwagen aus Grossbritannien - doch für die Einreise ist nun ein negativer Corona-Test vorgeschrieben.

In der nordfranzösischen Hafenstadt Calais verliessen am Mittwoch zwar einige Autos Fähren aus Grossbritannien, wie die Nachrichtenagentur AFP meldete. Es seien auch Lastwagenanhänger angekommen, aber keine kompletten Sattelzüge - denn ohne Corona-Test könnten Fahrer nicht an Bord kommen. Frankreich hatte wegen der rasanten Ausbreitung der neuen Coronavirus-Variante die Grenzen zu Grossbritannien auch für den Warenverkehr geschlossen.

«Es wird einige Tage dauern, bis der Rückstau behoben ist», räumte der britische Bauminister Robert Jenrick ein. Er vertrat die Regierung am Morgen in den Frühstückssendungen der Fernsehsender - eine undankbare Aufgabe. Das Verkehrsministerium sprach am Vormittag von mehr als 5000 Fahrzeugen, die sich in der Grafschaft Kent knubbelten. Der britische Spediteursverband RHA schätzte, dass es sogar bis zu doppelt so viel sein könnten.

Angesichts der Tausenden festsitzenden Lkw-Fahrer dringt der Verband der Automobilindustrie (VDA) bei den Ministerpräsidenten der Bundesländer für Weihnachten auf eine Aufhebung der Lkw-Fahrverbote. «Die Lkw-Fahrer haben gerade in diesem Jahr so viel für uns getan. Nun sollten wir alles tun, damit sie Weihnachten zu Hause bei ihren Familien sein können», erklärte die VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Alleine auf den stillgelegten Flugplatz Manston gut 30 Kilometer nördlich von Dover wurden etwa 3000 Lastwagen umgeleitet. Wie bunte Tetris-Klötze sortiert standen sie auf der Startbahn. Der Bundesverband Spedition und Logistik teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, er gehe von 300 bis 400 Betroffenen aus Deutschland aus.

Einer von ihnen ist Mario Mertel, der für eine Spedition aus dem baden-württembergischen Dettingen arbeitet. Die Grenzschliessung zum Schutz vor der neuen Corona-Variante empfindet der 24-Jährige als «kontraproduktiv», wie der Deutschen Presse-Agentur sagte. Denn so habe er deutlich mehr Kontakt mit anderen als vorher: «Wir stehen hier für Essen in der Schlange, und jeder spricht mit jedem.» Die Bedingungen seien äussert schwierig, sagte Mertel. Bei Regenwetter teilten sich Tausende Fahrer wenige mobile Toiletten. Auf dem provisorischen Parkplatz sei es laut, und er habe kaum Schlaf bekommen. «Die Laune sinkt.» Ausser nach Hause fahren zu dürfen, wünscht sich der Lkw-Fahrer noch etwas: «Eine Dusche wäre schön.»

Dazu kommt die Unsicherheit, wie es weiter geht. RHA-Chef Richard Burnett warnte: «Hunderte Fahrer laufen Gefahr, nicht rechtzeitig zu Weihnachten zu Hause zu sein.» In Manston baute die britische Armee das grösste Testzentrum auf. Die Fahrer sollen einen Schnelltest erhalten, erklärte Minister Jenrick das Prozedere. Wer negativ getestet wird, darf zum Hafen und mit der Fähre übersetzen. Bei einem positiven Schnelltest soll ein ausführlicherer PCR-Test das Ergebnis überprüfen. Fällt auch dieser positiv aus, wird der Fahrer von den britischen Behörden in einem «covid-sicheren» Hotel untergebracht. Auch in Dover wurde direkt am Hafen ein Testzentrum eingerichtet.

Die Züge durch den Eurotunnel nahmen den Betrieb bereits in der Nacht wieder auf. Auch die Niederlande lassen wieder Reisende aus Grossbritannien ins Land. Seit Mitternacht sei die Einreise wieder erlaubt, teilte die Regierung in Den Haag mit. Passagiere müssen allerdings einen negativen Corona-Test vorweisen. Fluggesellschaften und Reeder sind verpflichtet, dies zu kontrollieren. Norwegen verlängerte hingegen das Verbot für Direktflüge aus Grossbritannien bis einschliesslich dem 26. Dezember.

RHA-Chef Burnett betonte, dass auch der Einsatz von Schnelltests für erhebliche Verzögerungen in der Lieferkette sorgen würde. Zudem warnte Burnett vor Gesundheitsrisiken. Zahlreiche Fahrer hätten noch immer keinen Zugang zu Sanitäranlagen. Zudem seien logistische Fragen ungeklärt, etwa die Reinigung von Fahrerkabinen bei positiv Getesteten. Um den Rückstau schneller aufzulösen, lockerte Verkehrsminister Grant Shapps erneut die Ruhezeiten: Lkw-Fahrer dürfen nun elf statt neun Stunden am Steuer sitzen.

Wegen der Grenzschliessungen besteht die Sorge, dass in Grossbritannien bestimmte frische Lebensmittel wie Salat oder Blumenkohl spätestens nach Weihnachten knapp werden könnten. «Bis der Rückstau beseitigt ist und sich die Lieferketten wieder normalisieren, erwarten wir Probleme mit der Verfügbarkeit einiger frischer Waren», sagte Andrew Opie, der beim Handelsverband BRC für Lebensmittel zuständig ist.

Die Regierung rief dazu auf, auf Hamsterkäufe zu verzichten. Supermarktketten betonten, alle Waren seien vorrätig. Dennoch waren in einigen Läden die Gemüseregale leer gekauft.

Sorgen bereitet aber auch die Ausfuhr. Handelsverbände schätzen, dass Ware im Millionenwert wegen der Warterei verloren ist. «Für diejenigen, die frische und verderbliche Waren exportieren, vor allem Meeresfrüchte und Lachs aus Schottland, waren es katastrophale Tage», sagte David Thomson, Chef des Verbands der Lebensmittel- und Getränkehersteller FDF in Schottland, der BBC. «Das wird für diese Unternehmen ein schwarzes Weihnachten sein.»

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