Hidden Champions suchen Fachkräfte

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Deutschland,

Viele junge Ingenieure reizt eine Karriere in der Grossstadt oder im Ausland - aber in Arnstorf, Allendorf oder Klingenberg? Im Kampf um gute Fachkräfte haben die oft wenig bekannten Weltmarktführer auf dem Land aber auch ein paar Trümpfe.

Fachkräfte dringend gesucht. Foto: Jan Woitas/ZB/dpa
Fachkräfte dringend gesucht. Foto: Jan Woitas/ZB/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • In Deutschland sind seit Beginn der Corona-Krise vor einem Jahr 739 000 Stellen verloren gegangen, die Zahl der Arbeitslosen ist auf 2,9 Millionen gestiegen.

Aber viele Familienunternehmen suchen gerade jetzt verstärkt Personal.

«Für sie ist der Fachkräftemangel kein Sommergewitter, das schnell wieder vorbeizieht. Es ist eine andauernde Schlechtwetterlage», erklärt Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen. Denn sie haben gleich zwei Handicaps: Viele Schul- und Hochschulabsolventen haben Familienbetriebe gar nicht auf dem Radar, selbst wenn sie Weltmarktführer in technologischen Nischen sind. Und dann sind die Hidden Champions oft auch irgendwo auf dem Land, weitab der Grossstadt angesiedelt. «Sie müssen sich deswegen mitunter stärker strecken, um auf sich auf dem Arbeitsmarkt aufmerksam zu machen», sagt Heidbreder.

In den Jahren vor Corona haben viele Familienunternehmen erfolgreich expandiert und digitale Techniken erschlossen. Um nach der Krise durchstarten zu können, müssen sie gute Mitarbeiter halten und in wichtigen Bereichen neue gewinnen. Allein auf dem Portal «Karriere im Familienunternehmen» sind aktuell rund 3000 offene Stellen zu finden. «Viele Familienunternehmen warten sehnlichst darauf, sich wieder gegenüber ausgewählten Bewerbern im persönlichen Gespräch zu präsentieren. Der Karrieretag Familienunternehmen, der normalerweise zweimal im Jahr stattfindet, ist auf lange Sicht ausgebucht», sagt Heidbreder.

Einer der Gastgeber ist die Firma Wika, Weltmarktführer bei mechanischen Druckmessgeräten mit Sitz in Klingenberg am Main. «Wir machen mit in der Hoffnung, den ein oder anderen guten Absolventen zu bekommen. Das hat in der Vergangenheit auch geklappt», sagt Firmenchef Alexander Wiegand. Die Karrieretage sollen dazu beitragen, «dass Top-Absolventen nicht automatisch zu BMW oder Siemens gehen», und zeigen, «dass man hier zum Teil bessere Karrierechancen hat, weil man direkt mit dem Chef Kontakt hat. Hier gehen Dinge manchmal schneller als in Grossunternehmen.»

Der Heizungsbauer Viessmann, Familienbetrieb in der vierten Generation, sitzt in Allendorf im nördlichen Hessen - in «Hessisch-Sibirien», sagen Spötter. Das Geschäft läuft rund, das Unternehmen hat 300 Stellen offen. Online-Portale, auf denen Mitarbeiter ihr eigenes Unternehmen bewerten, seien eine grosse Hilfe bei der Personalsuche, sagt Sprecher Byung-Hun Park. Für junge Fachkräfte sei es reizvoll, «die Energiewende mitzugestalten». Der Austausch alter Heizungen trage viel zum Klimaschutz bei. Und auch ein anderer Aspekt von Nachhaltigkeit finde Anklang: «Wir denken hier in Generationen, nicht in Quartalen.»

Nach einer Studie der Technischen Universität München für die Stiftung Familienunternehmen wollen die meisten angehende Ingenieure und Betriebswirte am liebsten in einer Grossstadt arbeiten. Auch «Internationalität» sei ein oft genannter Wunsch. Auf der anderen Seite erhofften sie in Familienunternehmen bessere Aufstiegschancen, ein gutes Arbeitsklima und eine bessere Work-Life-Balance.

Manchmal geht beides zusammen. Um auch hippe IT-Leute zu gewinnen, hat Viessmann in Berlin ein Start-up für digitale Dienstleistungen gegründet. Mit 12 000 Mitarbeitern ist das Unternehmen in 70 Ländern aktiv: «Man lernt hier Menschen aus aller Welt kennen», sagt Byung-Hun Park. Im Job-Rotations-Programm könnten Mitarbeiter für ein oder zwei Jahre in einem anderen Team oder einem anderen Land arbeiten: «Türkei, China, USA, Kanada sind grosse Märkte für uns.» Und mancher lerne auch das Landleben in Nordhessen schätzen: «Wer aus München kommt, kann sich hier eine Villa leisten.» Familien könnten mittags und abends in der Kantine essen, und «bei Elternzeit sind wir sehr flexibel».

Das Bauunternehmen Lindner im niederbayerischen Arnstorf hat am Kanzleramt, an der Hamburger Elbphilharmonie und an der grossen Moschee in Mekka mitgebaut und macht gut eine Milliarde Euro Jahresumsatz. «Wir suchen stets Personal, auch weiterhin», sagt Firmenchefin Veronika Lindner: Projektleiter, Bauleiter, technische Berufe.

Weltweit beschäftigt Lindner 7500 Mitarbeiter, davon 3000 in Arnstorf. «Die meisten kommen aus der Gegend. Bei vielen war schon der Grossvater bei uns. Und dann haben wir auch Pendler aus dem Bayerischen Wald», sagt Lindner. Das Unternehmen bilde über 30 Berufe aus. «Weil wir am Land sind, waren wir immer gezwungen, selbst Nachwuchs auszubilden. Auch die meisten Betriebsleiter und Geschäftsführer kommen aus den eigenen Reihen - und die gesamte oberste Führungsebene.» Die Lebensqualität in der Region sei hoch. «Aber entscheidend ist: Bei uns können sie Verantwortung übernehmen.»

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