HRW: EU trägt Mitschuld an Gräueltaten in Libyen
Human Rights Watch wirft der EU-Grenzschutzagentur Frontex vor, Koordinaten von flüchtenden Menschen an Libyen weiterzugeben. Die Migranten würden abgefangen, zurück ins Land gebracht, wo diese häufig Folter erfahren.
Das Wichtigste in Kürze
- Human Rights Watch gibt der Europäischen Union wegen deren Luftüberwachung im Mittelmeer und einer Kooperation mit Libyen eine Mitschuld am Missbrauch von Migranten in dem nordafrikanischen Land.
Die Menschenrechtsorganisation veröffentlichte einen Report, der belegen soll, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit Flugzeugen und Drohnen im zentralen Mittelmeer Flüchtlingsboote orte und den libyschen Streitkräften deren Koordinaten mitteile.
Libyens Küstenwache fange die Migranten dann häufig ab und bringe sie zurück in das Land, wo diese häufig Folter und Misshandlungen erfahren.
«Frontex macht sich mitschuldig an dem Missbrauch», sagte Judith Sunderland, die Human-Rights-Watch-Direktorin für Europa und Zentralasien, laut der Mitteilung. Die Behauptung von Frontex, Leben zu retten, sei «auf tragische Weise inhaltslos».
Die Menschenrechtsorganisation wertete für ihre Analyse zusammen mit Border Forensics – einer NGO zur Dokumentation von Gewalttaten gegen Migranten an Grenzen – offizielle Flugdaten sowie Beobachtungen von vor Ort durch die deutschen Seenotretter von Sea-Watch aus.
«EU verantwortlich machen für ihre Rolle beim Missbrauch»
In dem Bericht führt Human Rights Watch (HRW) aus, dass die von den Flugzeugen und Drohnen erhaltenen Daten über Flüchtlingsboote nur an die Libyer und nicht an andere Schiffe in der Nähe weitergegeben werden – etwa zivile Rettungsschiffe oder Handelsschiffe, die helfen könnten. So werde die Küstenwache aufgefordert, die Boote abzufangen. Die ausgewerteten Daten zeigen laut HRW, dass an jenen Tagen, an denen es eine intensive Luftraumüberwachung durch Frontex gegeben hatte, Libyens Marineschiffe mehr Migrantenboote abfingen als sonst.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren schon lange die Kooperation von Frontex und der Europäischen Union mit Libyen. Sie behaupten, dass Brüssel durch seine Grenzpolitik der vergangenen Jahre die Migranten und Flüchtlinge eher bekämpfe als ihnen zu helfen.
«So lange die Frontex-Operationen darauf ausgelegt sind, Libyens Streitkräften beim Abfangen zu helfen, sollten die Grenzagentur und die EU verantwortlich gemacht werden für ihre Rolle beim Missbrauch, den Menschen nach ihrer Rückkehr nach Libyen erleiden», resümierte HRW. Frontex mit Sitz in Warschau wurde zudem aufgefordert, transparenter zu arbeiten.