Italien sieht EU bei Migration in der Pflicht
Das Wichtigste in Kürze
- In Italien wurde aufgrund steigender Zahlen von Migranten der Notstand ausgerufen.
- Das Land sieht die EU in der Pflicht, die Flüchtlingsströme zu begrenzen.
- Der Notstand löse das Problem nicht, so der Minister für Katastrophenschutz.
Die italienische Regierung sieht die EU in der Pflicht, die Ankünfte von Migranten über die Mittelmeerroute zu begrenzen. Nachdem das Kabinett am Dienstag einen landesweiten Notstand angesichts der steigenden Zahlen ausgerufen hatte, sagte der Minister für Katastrophenschutz, Nello Musumeci: «Es muss klar sein, dass der Notstand das Problem nicht löst.»
Nur ein «bewusstes und verantwortungsvolles Eingreifen der Europäischen Union» könne zur Bewältigung beitragen. Mit dem Notstand könne die Regierung zunächst allerdings einfacher Gelder und Hilfsmittel frei machen.
Notstand in Italien gilt für sechs Monate
Die Regierung erwartet laut einer Mitteilung in den kommenden Monaten eine weitere Zunahme der Ankünfte von Migranten. Die Ausrufung des Notstands soll laut Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni daher «wirksame und rechtzeitige Antworten auf die Organisation der Ströme» geben, teilte ihr Amtssitz in Rom am späten Dienstagabend mit.
Der Notstand gelte für sechs Monate und solle die besonders betroffenen Regionen im Süden des Mittelmeerlandes entlasten. Dafür würden zunächst fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt, hiess es weiter. Das Geld soll demnach aus dem Fonds für nationale Notfälle bereitgestellt werden. Es sollen zudem einfacher neue Aufnahmezentren für Flüchtlinge errichtet werden können.
Üblicherweise wird zu dieser Massnahme gegriffen, um auf Naturkatastrophen zu reagieren, wie etwa Erdbeben oder Dürre-Rekorde im Sommer 2022. Dass der Notstand nun wegen der Migranten ausgerufen wurde, löste unter Oppositionspolitikern Kritik aus.
Giuseppe Conte, Italiens Ex-Ministerpräsident, schrieb auf Facebook, Meloni habe den Notstand beschlossen, «weil sie nicht in der Lage ist, die Ankünfte von Migranten zu bewältigen, die sich im Vergleich zum vergangenen Jahr vervierfacht haben».
Italien diskutiert seit geraumer Zeit über die Ankunft Tausender Bootsmigranten. Unter den EU-Mitgliedstaaten gibt es seit Jahren Streit in der Frage der Verteilung der Schutzsuchenden. Das Innenministerium in Rom registrierte in diesem Jahr bereits mehr als 31'000 Menschen, die auf Booten Italien erreichten oder im Mittelmeer gerettet und an Land gebracht wurden – im Vorjahreszeitraum waren es rund 7900.
Die Mittelmeerinsel Lampedusa ist derzeit besonders betroffen. Nach der Ankunft von Tausenden Menschen ist das dortige Erstaufnahmelager überfüllt. In dem Camp, das eigentlich maximal knapp 400 Menschen aufnehmen kann, sind zurzeit mehr als 1800 Migranten untergebracht, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.