Kanzlerin Merkel beginnt schwere China-Reise
Überschattet vom Handelsstreit zwischen China und den USA sowie den Unruhen in Hongkong reist Bundeskanzlerin Angela Merkel am Nachmittag nach China.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am Nachmittag nach China.
- Der Technologietransfer und die Proteste in Hongkong sind zwei der heiklen Themen.
Die Kanzlerin führt am Freitag Gespräche mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang sowie am Abend mit Staatspräsident Xi Jinping.
Ausserdem steht die Teilnahme an der Sitzung des Beratenden Ausschusses der Deutsch-Chinesischen Wirtschaft auf dem Programm der Kanzlerin. An der Abschlusssitzung des Deutsch-Chinesischen Dialogforums wird Merkel auch teilnehmen.
Merkel wird bei ihrer insgesamt dreitägigen Reise von einer grossen Wirtschaftsdelegation begleitet. Sie wird in Peking und auf ihrer zweiten Station Wuhan Firmen besuchen. In Wuhan will sie an der dortigen Huazhong-Universität mit Studierenden sprechen.
Merkel war zuletzt im Mai vergangenen Jahres in China. Nach dem Eindruck der Fachleute von Merics (Mercator Institute for China Studies) knirscht es ein wenig zwischen beiden Ländern.
Unter anderem störe sich Peking daran, dass Deutschland Technologietransfers auf den Prüfstand stelle. Peking nenne dies protektionistisch. Trotzdem hoffen deutsche Unternehmen auf neue Geschäfte.
Kein Treffen mit Anführer der Proteste in Hongkong geplant
Ein Treffen der Kanzlerin mit Anführern der Proteste in Hongkong ist laut Regierungssprecher Steffen Seibert nicht geplant. Kurz vor Beginn der Reise hatten diese Merkel um ein Treffen gebeten. Er könne nichts Neues über die Reisepläne der Kanzlerin mitteilen.
In einem offenen Brief, der der «Bild»-Zeitung vorliegt, warnt der Studentenführer Joshua Wong vor einer Eskalation der Gewalt. «Uns steht eine diktatorische Macht gegenüber, die keine freiheitlichen Grundrechte zulässt und immer mehr gewalttätige Massnahmen anwendet. Die Tendenz zu einem neuen Massaker wie am Tian'anmen-Platz nimmt zu.» 1989 schlugen Soldaten am Platz des Himmlischen Friedens in Peking Demokratie-Proteste gewaltsam nieder.
Auf die Frage, ob die Kanzlerin auf diesen Brief antworten werde, hiess es, sie antworte grundsätzlich nicht auf offene Briefe. Seit Monaten kommt es in Hongkong immer wieder zu Protesten. Oft endeten sie mit Zusammenstössen zwischen einem kleinen Teil der Demonstranten und der Polizei. Die Protestbewegung befürchtet steigenden Einfluss der chinesischen Regierung auf Hongkong und eine Beschneidung ihrer Freiheitsrechte.
Die Bundesregierung appellierte vor dem Besuch erneut an die Parteien der Proteste, den Konflikt im Dialog und gewaltfrei zu lösen. Und zwar auf der Basis der Gesetze und Freiheiten, die für Hongkong gelten.
Die FDP fordert klare Stellungsnahme der Kanzlerin zu Hongkong
Der FDP-Aussenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff forderte Merkel auf, klar Stellung zu Hongkong zu beziehen. «Gerade jetzt muss die Bundeskanzlerin mit Nachdruck die Einhaltung der chinesisch-britischen Erklärung von 1984 verlangen. Und die Wahrung der vertraglich zugesicherten Bürgerrechte und die Achtung des Prinzips "Ein Land, zwei Systeme" anmahnen», sagte Lambsdorff der Deutschen Presse-Agentur.
Sollte China gegenüber den friedlichen Demonstranten in Hongkong gewaltsame Massnahmen wie 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens ergreifen, müsse Deutschland das gemeinsam mit den europäischen Partnern verurteilen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion weiter.
Die FDP-Bundestagsfraktion will an diesem Donnerstag bei ihrer Klausur in Jena ein Papier beschliessen. Darin soll sie im Umgang mit der aufstrebenden Volksrepublik China von Europa eine Strategie des «souveränen Dialogs auf Augenhöhe» verlangen.
Die Linke fordert von beiden Seite ein gewaltfreies Vorgehen
Auch der aussenpolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Stefan Liebich, stell Forderungen an die Bundeskanzlerin: «In ihren Gesprächen mit der Kommunistischen Partei soll Merkel dafür eintreten, dass es kein gewaltsames Vorgehen gegenüber friedlichen Demonstranten gibt. Aber auch die Demonstranten selbst müssen auf Gewalt oder die Blockade wichtiger Infrastruktur verzichten.»