Syrien: Russland und Türkei beginnen gemeinsame Patrouillen
Politisch arbeiten Moskau und Ankara seit längerem eng zusammen. Jetzt kooperieren sie in Syrien auch militärisch. Ihr Abkommen über den Norden des Krisenlandes wird sogar von Machthaber Assad gelobt.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach ihrem Abkommen über den Norden Syriens haben die Türkei und Russland mit gemeinsamen Patrouillen an der türkisch-syrischen Grenze begonnen.
Dem türkischen Verteidigungsministerium zufolge gingen die Militärs zunächst nahe der syrischen Grenzstadt Al-Darbasia auf Streife.
Das Moskauer Verteidigungsministerium bestätigte am Freitag, die erste Patrouille sei am Mittag gestartet worden. Die Streifen sollen überwachen, dass sich in dem Grenzgebiet keine Kämpfer der Kurdenmiliz YPG aufhalten.
Russland und die Türkei hatte Anfang vergangener Woche den Abzug der Miliz vereinbart. Demnach muss die YPG einen 30 Kilometer tiefen Streifen entlang der Grenze verlassen. Ankara sieht in der Miliz einen syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und bekämpft sie als Terrororganisation. Türkische Truppen und verbündete syrische Rebellen hatten Anfang Oktober eine Offensive auf die YPG begonnen und waren weit bis auf syrisches Gebiet vorgerückt.
Nach Angaben des russischen Militärs sind bei den Streifen Militärfahrzeuge auf einer Route von mehr als 110 Kilometern unterwegs. Die türkisch-russischen Patrouillen sollen bis zu zehn Kilometer tief von der Grenze nach Syrien vordringen. Moskau hatte erklärt, die YPG habe ihren Abzug von dort abgeschlossen. Die Türkei drohte jedoch, ihre Offensive wieder aufzunehmen und die Region von «Terroristen» zu «säubern», sollten dort Kämpfer verblieben sein.
Syriens Machthaber Baschar al-Assad lobte das Abkommen in einem Interview mit dem syrischen Staatsfernsehen als «positiven Schritt». Gleichzeitig machte er deutlich, dass die syrische Armee den Norden Syriens wieder unter Kontrolle bringen wolle. Das Abkommen sei nicht dauerhaft. Auch einen Krieg mit der Türkei schloss Assad nicht aus. Sollten deren Truppen in Syrien bleiben, gebe es keine andere Wahl.
Den Vorschlag von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Einrichtung einer internationalen Sicherheitszone in der Region lehnte der syrische Präsident ab. Mit dem deutschen Vorschlag würde festgeschrieben werden, dass das Gebiet ausserhalb der Kontrolle des syrischen Staates bleiben werde.
Syriens Opposition wies Assads abwertende Aussagen zum neu gegründeten Verfassungsausschuss als weltfremd zurück. Assads Haltung sei noch immer von der Realität losgelöst, erklärte Jihja al-Aridi, der die Opposition in dem Verfassungsausschuss vertritt. Sein Kollege Ibrahim Dschabbawi sagte, Syriens Präsident manövriere weiterhin.
Der Ausschuss hatte in dieser Woche in Genf seine Arbeit aufgenommen. Jeweils 50 Mitglieder der Regierung, der Opposition und der Zivilgesellschaft sollen unter dem Dach der UN eine neue Verfassung ausarbeiten. UN-Sondervermittler Geir Pedersen hofft, so den Weg für eine politische Lösung des mehr als achtjährigen Konflikts zu ebnen. Seit Beginn des Kriegs sind mehr als 400.000 Menschen getötet worden.
Assad erklärte in dem rund 90-minütigen TV-Interview, die Regierung sei nicht Teil des Verfassungsausschusses. Es gebe nur eine Gruppe, die von der Regierung unterstützt werde und deren Ansichten vertrete. Eine politische Lösung sei zudem unmöglich, so lange es noch «Terroristen» im Land gebe. Als solche bezeichnet die Regierung generell alle ihre bewaffneten Gegner. Beobachter gehen davon aus, dass die Regierung wegen ihrer militärischen Erfolge keine Kompromissbereitschaft im Verfassungsausschuss zeigen wird.
Assads enge Verbündete Russland und der Iran hatten vor der ersten Sitzung des Gremiums ihre Unterstützung für dessen Arbeit erklärt, genauso wie die Türkei als Unterstützer der Opposition. Auch die Aussenminister der mit Syrien befassten «Small Group» begrüssten den Ausschuss. «Dies ist ein lang ersehnter positiver Schritt, der ernsthafte Bemühungen und Einsatz erfordert, um Aussicht auf Erfolg zu haben», teilten die Vertreter der USA, Frankreichs, Deutschlands, Grossbritanniens, Saudi-Arabiens, Ägyptens und Jordaniens mit.