Streit zwischen Paris und Ankara nach Berliner Libyen-Konferenz

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Frankreich,

Anderthalb Wochen nach der Berliner Libyen-Konferenz ist die demonstrative Einigkeit der Teilnehmer wieder dahin: Frankreich und die Türkei warfen sich gegenseitig vor, den bewaffneten Konflikt in Libyen anzufachen.

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Kanzlerin Merkel, Erdogan (li.) und Macron auf der Libyen-Konferenz in Berlin. - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Länder machen sich gegenseitig für Krise in Nordafrika verantwortlich.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hielt zudem am Mittwochabend eine Lobrede auf den türkischen Historiker Taner Akçam, der für seine Forschung zum «Völkermord» an den Armeniern in Paris ausgezeichnet wurde.

Macron kritisierte den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan scharf: Erdogan halte seine bei der Konferenz in Berlin gegebene Zusage nicht ein, sich aus dem nordafrikanischen Krisenstaat herauszuhalten, sagte Macron in Paris. Dies sei ein «eindeutiger Verstoss» gegen dessen Ankündigungen. Das Aussenministerium in Ankara erklärte daraufhin, Frankreich sei der «Hauptverantwortliche für die Probleme in Libyen seit dem Beginn der Krise 2011».

Macron wirft der Regierung in Ankara vor, zur Unterstützung der libyschen Einheitsregierung unter Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch syrische Kämpfer nach Tripolis entsandt zu haben. Die Türkei sieht Frankreich dagegen an der Seite des libyschen Generals Chalifa Haftar, der gegen die Einheitsregierung in Tripolis kämpft. Es sei «kein Geheimnis», dass Frankreich Haftar «bedingungslos» unterstütze, um Einfluss auf die Verteilung von Bodenschätzen nehmen zu können, sagte ein Sprecher des türkischen Aussenministeriums.

Bei der Berliner Libyen-Konferenz am 19. Januar hatten sich Frankreich, die Türkei und zehn weitere Staaten unter anderem verpflichtet, die libyschen Konfliktparteien nicht weiter zu unterstützen und das Waffenembargo einzuhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem «wichtigen Beitrag» für die Friedensbemühungen.

Macron lobte in Paris am Mittwochabend den türkischen Historiker Akçam, der als einer der ersten in seinem Land die Massaker an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs erforscht hat. Akçam prangere «die Leugnung» des «organisierten Verbrechens» gegen die Armenier an, sagte Macron bei einer Veranstaltung der armenischen Gemeinde in Paris, bei der der Autor für sein neues Buch «Killing Orders» (Aufträge zum Töten) eine Tapferkeitsmedaille erhielt.

«Man baut keine grosse Geschichte auf einer Lüge auf, und keine Politik auf Revisionismus oder Leugnung», betonte Macron unter Anspielung auf die Türkei. Der Präsident französische hatte den 24. April zum «nationalen Gedenktag für den Völkermord an den Armeniern» erklärt und sich damit den Zorn Ankaras zugezogen.

Schätzungen zufolge wurden zwischen 1915 und 1917 im Osmanischen Reich bis zu 1,5 Millionen Armenier getötet. Die Türkei spricht von wesentlich niedrigeren Opferzahlen und erkennt die Massaker nicht als Völkermord an.

Als erstes grosses europäisches Land hatte Frankreich die Massaker bereits 2001 als Genozid eingestuft. Der deutsche Bundestag tat dies im Juni 2016, was eine schwere diplomatische Krise mit der Türkei auslöste. Die US-Regierung spricht dagegen weiter von Massakern. Präsident Donald Trump ist bemüht, die Beziehungen zu Erdogan zu verbessern.

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