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Maskenbildnerin Janika Kreutzer arbeitet auch für Bestatter

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Deutschland,

Ein Abschied am offenen Sarg kann Angehörigen bei ihrer Trauer helfen. Damit das möglich ist, werden die Verstorbenen zurechtgemacht. Etwa von Maskenbildnerin Janika Kreutzer.

Die 23-Jährige Maskenbildnerin Janika Kreutzer unterstützt Bestatter dabei, Verstorbene für ihren letzten Auftritt herzurichten. Foto: Fabian Sommer/dpa
Die 23-Jährige Maskenbildnerin Janika Kreutzer unterstützt Bestatter dabei, Verstorbene für ihren letzten Auftritt herzurichten. Foto: Fabian Sommer/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die beiden Bereiche, in denen Janika Kreutzer arbeitet, könnten unterschiedlicher nicht sein.

Hier warm, dort kalt. Hier lebhaft, dort leblos. Hier schillernd und fröhlich, dort traurig.

Und doch sind es diese Gegensätze, die die Arbeit für Kreutzer gerade interessant machen. Die 23-Jährige ist Maskenbildnerin. Während sie die meiste Zeit bei Film und Fernsehen Schauspieler auf ihre Arbeit vor der Kamera vorbereitet, unterstützt sie nebenher Bestatter dabei, Verstorbene herzurichten.

Das Schminken von Leichen sei gegen Ende ihrer Ausbildung Thema gewesen. «Das hat mich direkt interessiert», sagt Janika Kreutzer, erinnert sich aber, dass ihre Kollegen in der Ausbildung eher Vorbehalte hatten. Sie selbst habe keine Hemmungen gehabt, habe auch privat schon mit dem Tod zu tun gehabt. So habe sie sich dann um ein Praktikum bei einem Bestatter bemüht und weitere Eindrücke gesammelt.

Vorbereitung für einen Abschied am offenen Sarg

Mittlerweile ist sie ein- bis zweimal pro Monat in Düsseldorf und Berlin im Einsatz. Dann nämlich, wenn Angehörige einen Abschied am offenen Sarg wünschen. Ist die verstorbene Person friedlich eingeschlafen, gibt es wenig zu tun. Dann sorgt die Maskenbildnerin nur für eine natürlichere Farbe der Haut und achtet darauf, Leichenflecken abzudecken. Anders ist es bei Menschen, die bei einem Unfall oder durch einen Herzinfarkt gestorben sind. Dann füllt sie auch Wunden auf und stellt Hautfarbe wieder her, wo das Gesicht stärker verfärbt ist. «Für Angehörige wären das manchmal Bilder, die sie nicht mehr aus dem Kopf kriegen», sagt Janika Kreutzer.

Dass Verstorbene offen aufgebahrt werden, ist auch hierzulande nicht neu. «Das gehört zum klassischen Tätigkeitsgebiet von Bestattern», sagt Christian Jäger, Sprecher des Bestatterverbands NRW. Besonders jetzt, wo Angehörige ihre Liebsten oft nicht vor dem Tod zum Abschiednehmen im Krankenhaus besuchen können, sei das Bedürfnis, sie noch einmal zu sehen, noch grösser. Auch wenn das momentan schwierig sein kann - etwa, wenn Covid-19 die Todesursache war. Trotzdem versuchten die Bestatter, den Angehörigen einen angemessenen Abschied zu ermöglichen. «Viele sind kreativ geworden und haben die Trauerfeiern zum Beispiel nach draussen verlegt», sagt Jäger.

Normalerweise übernehmen die Bestatter das Herrichten der Verstorbenen selbst. Doch Janika Kreutzer kommt ihre Erfahrung als Maskenbildnerin zugute. «Viele schminken mit Fettschminke - die ist eigentlich eher für warme Haut gedacht. Auf kalter Haut kann die sich absetzen und sieht nicht so schön aus», sagt sie.

Seminare für Bestatter

Sie schminke mit Airbrush-Technik - und gibt dazu mittlerweile auch Seminare für Bestatter. Zudem nimmt sie immer wieder auch Finger- oder Handabdrücke und Totenmasken von den Verstorbenen - als Andenken für die Hinterbliebenen. «Die zu übergeben, ist oft sehr emotional», sagt die Maskenbildnerin. Sie sei durch ihre Arbeit die letzte, die körperlichen Kontakt zu den Verstorbenen hatte. «Das bedeutet den Angehörigen viel.»

Solche Objekte könnten helfen, sich mit dem Verstorbenen weiter verbunden zu fühlen, sagt Prof. Arnold Langenmayr. Er ist Psychologe, Psychoanalytiker und Dozent an der Universität Duisburg-Essen, und er befasst sich besonders mit dem Thema Trauer. «Übergangsobjekte kennen wir schon von Kind an - wenn wir mit dem Teddy geschmust haben, als Mama nicht da war.»

Auch in der Trauerarbeit nutzen Therapeuten manchmal Gegenstände, die Trauernde mit der betrauerten Person verbinden, um Gefühle hochkommen zu lassen und besprechen zu können. Ein Abschied am offenen Grab hilft manchen zudem, gemeinsame Erlebnisse Revue passieren zu lassen und sich das Bild der geliebten Person ins Gedächtnis zu rufen.

Abschiednehmen wird individueller

Insgesamt sieht Langenmayr eine positive Entwicklung in der Trauerkultur. «Früher hat man versucht, den Tod zu ignorieren - heute setzt man sich mehr damit auseinander.» Auch die Bestatter können diesen Trend feststellen. Christian Jäger sagt, das Abschiednehmen werde individueller. Immer mehr Menschen legten schon vor ihrem Tod fest, was sie sich für ihre Trauerfeier wünschen - etwa, dass die Gäste bunte Farben statt Schwarz tragen oder dass hinterbliebene Kinder oder Enkelkinder den Sarg bemalen sollen.

Zur Arbeit der Bestatter gehört es normalerweise auch, den Angehörigen eine Schulter zum Ausweinen zu bieten. Dieser nicht-handwerkliche Teil falle im Moment weg, sagt der Sprecher des Bestatterverbands.

Für Janika Kreutzer sind die Begegnungen mit Trauernden nicht immer einfach. «Manche Todesfälle nagen schon an mir», sagt sie. Dann sei sie froh, am nächsten Tag wieder etwas Anderes machen zu können.

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