Musikvideo von Künstler mit Herz soll AfD Bayern schwächen

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Deutschland,

«Mia Ned!» – also «Wir nicht!» heisst in einem Musikclip die Antwort auf die Frage, wer die AfD in Bayern wählt.

Martin Sichert, Landesvorsitzender der AfD in Bayern, spricht während des Landesparteitags der Partei.
Martin Sichert, Landesvorsitzender der AfD in Bayern, spricht während des Landesparteitags der Partei. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Initiative Künstler mit Herz wehr sich mit ihrem neuesten Lied gegen die AfD Bayern.
  • Am 14. Oktober sind Landtagswahlen in Bayern. Die Erfolgschancen der AfD sind hoch.

In Bayern sorgt derzeit ein Musikclip von nicht einmal vier Minuten Länge für Furore im Landtagswahlkampf. Rund 140'000 Mal wurde das Anti-AfD-Lied der Initiative Künstler mit Herz mittlerweile angeklickt – und das, obwohl das Lied erst seit der vergangenen Woche online ist. «Mia Ned!» – also «Wir nicht!» heisst darin die Antwort auf die Frage, wer die AfD in Bayern wählt.

Das Lied erzählt die Geschichte eines wütenden Manns, der gerade von seinem Spezl am Telefon gehört hat, dass er am 14. Oktober AfD wählen wird. «Rudi, das kannst du nicht machen. Du musst dich doch ein bisschen erkundigen. Das gibt's ja wohl nicht. Mein Gott!», brüllt der Protagonist ins Telefon und zählt dann mit Auszügen aus dem AfD-Wahlprogramm in einem Lied auf, weshalb er nicht in einem Bayern leben will, wie es die AfD sich vorstellt.

Ob der Internethit den erstmaligen Einzug der AfD in den bayerischen Landtag noch verhindern kann? Wohl kaum. Zuletzt lagen die Rechtspopulisten in Bayern vor genau drei Jahren in einer Umfrage unter der Fünfprozenthürde. Alle Umfragen seit Anfang 2017 sehen sie sogar bei einem zweistelligen Ergebnis. Nachdem es nach der Sommerpause zunächst ein bisschen abwärts gegangen war, stiegen die Zustimmungswerte seit dem Hickhack um den bisherigen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maassen wieder an.

Unerklärlicher Erfolg

Und fast unbemerkt von der Öffentlichkeit konnte der bayerische Landesverband seine Basis im Freistaat erheblich verbreitern. Mitte September gab Landeschef Martin Sichert die Aufnahme des 5000. AfD-Mitglieds in Bayern bekannt. Damit sei der Landesverband «nicht nur der am schnellsten wachsende, sondern inzwischen auch der grösste Landesverband der Partei», schrieb Sichert stolz. Allein in diesem Jahr gab es demnach 1129 neue Parteimitglieder. Die meisten waren zuvor nie in einer anderen Partei, 63 kamen aus der CSU.

Der Erfolg lässt sich nicht mit einem Zugpferd in der Landespolitik erklären. Der Landesvorsitzende Sichert sitzt im Bundestag und strebt kein Landtagsmandat an. Einen eigenen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gibt es nicht. Bei den bisher zwei grossen Fernsehdiskussionen im Bayerischen Fernsehen trat deshalb jeweils Sichert auf.

Die AfD wollte eigentlich im Sommer einen Spitzenkandidaten benennen und gab dann an, dass Inhalte wichtiger seien als Gesichter. Doch tatsächlich gab es ein bis vor Gericht getragenes Hauen und Stechen in der Partei. Den als möglichen Spitzenkandidaten und auch Fraktionschef gehandelten Franz Bergmüller wollte die Bundespartei ausschliessen, weil er angeblich vor einigen Jahren zeitgleich Mitglied der AfD und der Freien Wähler war. Der Versuch scheiterte vor Gericht. Manche vermuten hinter dem Prozess den Versuch, den Chef des grössten Bezirks Oberbayern kaltzustellen.

Mit dem Verzicht auf einen Spitzenkandidaten ist nicht absehbar, wie radikal eine mögliche AfD-Landtagsfraktion in Bayern auftritt. Ministerpräsident Markus Söder warnt seit Wochen, die bayerische AfD sei ganz auf Linie des Thüringer Parteirechtsaussen Björn Höcke.

Radikalisierung der AfD

Tatsächlich agierte die Bayern-AfD in den vergangenen Wochen radikal. So provozierte der Landesverband vor dem ersten Schultag nach den Sommerferien mit einem Plakat mit der Forderung «Islamfreie Schulen». Landeschef Sichert nannte zuletzt als Konzept gegen die Wohnungsnot in Bayern, Flüchtlinge müssten konsequenter abgeschoben werden.

Solche Töne dürften demnächst auch im bayerischen Landtag zu hören sein – auch wenn unklar ist, wen die AfD dort zu ihrem Sprachrohr machen will.

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