Was in den allermeisten europäischen Ländern innert kurzer Zeit zur Normalität wurde, wird in Österreich nun zum Politikum: Das generelle Rauchverbot in der Gastronomie.

Das Wichtigste in Kürze

  • In Österreich ist eine politische Debatte um den Nichtraucherschutz entbrannt.
  • Die rechtskonservative Regierung verhinderte im letzten Augenblick eine Verschärfung des Rauchverbots.
Ad

Eigentlich verschabschiedete Österreichs alte Regierung, bestehend aus SPÖ und ÖVP, ein erweitertes Gesetz zum Nichtraucherschutz, das ab 1. Mai 2018 ein umfassenderes Rauchverbot in der Gastronomie vorsah. Die bis anhin existierende Regelung kennt gewisse Ausnahmen für Kleinstlokale und hinkt im europäischen Vergleich somit dem sonst gängigen Nichtraucherschutz hinterher. Immer wieder kam es zudem zu Beschwerden, dass die geltenden Bestimmungen zum Nichtraucherschutz verletzt oder gar umgangen würden.

Der Widerruf des ausgeweiteten Nichtraucherschutzes scheint in Österreich nun die direktdemokratische Debatte zu befeuern. Eine Allianz der österreichischen Ärztekammer und der Krebshilfe hat sich zusammengetan, um das vorgesehene Gesetz mittels einem «Volksbegehren» doch noch durchzubringen (Nau berichete). Das Begehren wurde gemäss «Don't Smoke» inzwischen von über 465'000 Menschen unterzeichnet.

Die neugewählte rechtskonservative Koalition dreht nun das Rad der Zeit wieder zurück. Die rechtsnationalistische FPÖ um den neuen Vize-Bundeskanzler Heinz-Christian Strache erwirkte mit ihrem Regierungseintritt nämlich, dass die anstehende Umsetzung des erweiterten Nichtraucherschutzes wieder gekippt wurde.

Die parlamentarische Opposition und gar Teile der FPÖ unterstützen indes eine Volksabstimmung zur Frage eines erweiterten Nichtraucherschutzes. Die rechtskonservative Regierung selbst hält bei diesem Anliegen aber offenbar auf einmal wenig von einer Ausweitung direktdemokratischer Entscheidungen. So verkündete Rechtspopulist Strache, dass der beschlossene Regierungsvertrag vor 2021 keine Abstimmung dazu zulasse.

Schweizer Volksentscheide als Vorbild

Wie andere erstarkende rechtskonservative Kräfte in Europa spricht sich die FPÖ seit Langem für mehr Volksabstimmungen nach direktdemokratischem Schweizer Vorbild aus. Auch der neue Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich im Wahlkampf gegenüber einer Ausweitung direktdemokratischer Entscheide durchaus zugeneigt.

Österreich sieht gemäss Bundesverfassung unter anderem ein sogenanntes «Volksbegehren» oder eine «Volksabstimmung» als Instrumente der Direkten Demokratie vor. Mit dem «Volksbegehren» kann die Behandlung des Anliegens im Nationalrat erwirkt werden, sofern die notwendigen 100'000 Unterstützungsunterschriften zusammenkommen. Eine in ihrem letztendlichen Entscheid bindende «Volksabstimmung» wiederum wird durch den Nationalrat veranlasst und vom Bundespräsidenten angeordnet.

Straches Ausflucht

Österreichische Volkspartei
Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP). - Keystone
Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Sebastian KurzNationalratFPÖ1. Mai