Paris und Brüssel verbieten «Freiheitskonvois» von Gegnern der Corona-Massnahmen
In Frankreich und Belgien sind die angekündigten «Freiheitskonvois» von Gegnern der Corona-Massnahmen verboten worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Protestbewegung nach dem Vorbild der kanadischen Lkw-Fahrer.
Die Polizei sei darauf vorbereitet, die Blockade von Hauptverkehrsstrassen zu verhindern, Strafzettel auszustellen und «diejenigen festzunehmen, die gegen das Protestverbot verstossen», teilte die Polizeipräfektur in Paris am Donnerstag mit. Tausende Kritiker der Corona-Beschränkungen wollten nach dem Vorbild der kanadischen Lkw-Fahrer ab Freitagabend in Paris und am Montag in Brüssel protestieren.
Am Mittwoch waren bereits mehrere Konvois in Nizza, Bayonne und Perpignan gestartet. Die Pariser Polizei kündigte ein entschlossenes Vorgehen gegen die Proteste an und verwies darauf, dass die Behinderung des Verkehrs mit bis zu zwei Jahren Haft und Geldstrafen in Höhe von 4500 Euro geahndet werden könne.
Die Drohungen schreckten einige Protestierende jedoch offensichtlich nicht ab. So sagte etwa der 27-jährige Adrien Wonner aus der Normandie der Nachrichtenagentur AFP: «Wir werden zur Hauptstadt fahren, egal was passiert.» Die Demonstranten wollten lediglich «gehört werden», keine Blockaden errichten.
Die Organisatoren dieser offenbar wachsenden Bewegung sehen sich in der Tradition der «Gelbwesten» - einer Protestbewegung, die Ende 2018 von steigenden Treibstoffpreisen ausgelöst worden war. Ein bestimmter Treffpunkt für die Konvois wurde von den Teilnehmern, die sich über die Onlinenetzwerke organisieren, nicht genannt. Offenbar ist nicht zwingend geplant, tatsächlich in die Hauptstadt Paris hineinzufahren.
Rémi Monde, einer der Initiatoren der Bewegung, sagte AFP, nach ergebnislosen Demonstrationen «wollen wir etwas anderes ausprobieren und sehen, wie die Regierung auf friedliche und fröhliche Menschen reagiert». Die Demonstranten wollten sich am Freitagabend in Paris treffen. Einige kündigten an, anschliessend nach Brüssel weiterzufahren, um dort am Montag ein europäisches Treffen abzuhalten.
Allerdings verboten auch die belgischen Behörden am Donnerstag die sogenannten Freiheitskonvois. Für die Veranstaltung sei keine Genehmigung beantragt worden, erklärte Brüssels Bürgermeister Philippe Close. Das Verbot sei mit dem belgischen Innenministerium abgestimmt worden. Demnach soll die belgische Polizei an der Grenze Fahrzeuge aus dem Ausland auf dem Weg nach Brüssel kontrollieren.
In Frankreich richtete sich der Protest insbesondere gegen den Impfpass für Menschen über 16 Jahren. Damit sind weite Bereiche des öffentlichen Lebens nur noch Geimpften und Genesenen zugänglich. Die Impfpass-Pflicht gilt in Restaurants und Bars, Freizeitstätten und in überregionalen öffentlichen Verkehrsmitteln. Regierungssprecher Gabriel Attal hatte am Donnerstag erklärt, es gebe «Anlass zur Hoffnung», dass «Ende März, Anfang April» die Impfpass-Pflicht wegfallen könne.
Christophe Castaner, Fraktionsvorsitzender der Regierungspartei LREM, sagte dem Radiosender RTL, er sei sich der «Müdigkeit und des Überdrusses» der Menschen in der Pandemie bewusst. Er verurteilte jedoch die Konvois. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) bezeichnete die Forderungen der Demonstranten hingegen als «vollkommen legitim». Die Linkspartei La France Insoumise (LFI) ermutigte ihre Anhänger, sich der Bewegung anzuschliessen.
Auch in Deutschland stiess die neue Protestbewegung auf Kritik. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnete die Konvois als «hochproblematisch». «Aber ich bleibe dabei: Der Staat darf sich nicht erpressen lassen», sagte Lauterbach am Rand eines Treffens der EU-Gesundheitsminister in Grenoble. «Wir können nicht sagen, wir überlassen ältere Menschen dem Risiko, weil wir Angst vor den Protestierenden haben.»
Die Proteste sind offenbar von den Demonstrationen in Kanada inspiriert. In der Hauptstadt Ottawa protestieren Lkw-Fahrer seit anderthalb Wochen unter der Selbstbezeichnung «Freiheitskonvoi» gegen die Corona-Massnahmen. Die Stadtverwaltung rief wegen der andauernden Strassenblockaden mit riesigen Trucks inzwischen den Ausnahmezustand aus.
Auch auf Neuseeland schwappte die Protestbewegung offenbar über. Dort waren am Dienstag zahlreiche Fahrzeuge im Zentrum Wellingtons aufgefahren und hatten wichtige Strassen verstopft. Bei Zusammenstössen zwischen Gegnern der Corona-Impfpflicht und der Polizei wurden am Donnerstag mehr als 120 Demonstranten festgenommen.