Plácido Domingo gibt erstmals sexuelles Fehlverhalten gegenüber Frauen zu
Nach monatelangem Leugnen hat der spanische Opernstar Plácido Domingo erstmals sexuelles Fehlverhalten eingestanden und sich bei den betroffenen Frauen entschuldigt.
Das Wichtigste in Kürze
- Spanischer Opernstar zeigt Reue kurz vor Veröffentlichung von Untersuchung.
«Ich möchte, dass sie wissen, dass mir der Schmerz, den ich ihnen zugefügt habe, ehrlich leid tut», erklärte Domingo am Dienstag mit Blick auf die Frauen, die ihm Übergriffe wie aufgezwungene Küsse und Begrapschen vorgeworfen haben. Kurz danach wurde eine Untersuchung mit Vorwürfen gegen Domingo veröffentlicht.
«Ich erkenne die volle Verantwortung für meine Taten an», hiess es weiter in der Erklärung, die der Agent des 79-Jährige in Los Angeles an die spanische Nachrichtenagentur Europa Press schickte und in welche die Nachrichtenagentur AFP Einsicht hatte.
Im August hatte die US-Nachrichtenagentur Associated Press Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den gefeierten Opernsänger publik gemacht. Insgesamt etwa 20 Frauen haben Domingo mittlerweile vorgeworfen, ihnen Küsse aufgezwungen, sie begrapscht oder ohne ihr Einverständnis gestreichelt zu haben. Domingo hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen und versichert, dass all seine sexuellen Beziehungen und Handlungen «immer willkommen und einvernehmlich» gewesen seien.
Nun hat sich der Musiker aber anders besonnen. «Ich habe mir in den vergangenen Monaten Zeit genommen, über die Anschuldigungen nachzudenken, die einige Kolleginnen gegen mich erhoben haben», erklärte Domingo. «Ich verstehe jetzt, dass manche Frauen Angst hatten, sich ehrlich auszudrücken aus Furcht, dass ihre Karrieren dann Schaden nehmen könnten. Wenn das auch nie meine Absicht war, sollte sich niemand je so fühlen müssen.»
Domingo veröffentlichte sein Statement einen Tag nach dem Schuldspruch gegen den früheren Hollywood-Mogul Harvey Weinstein wegen Vergewaltigung und schwerer sexueller Nötigung.
Nur wenige Stunden nach Domingos Stellungnahme veröffentlichte die US-Musiker-Gewerkschaft American Guild of Musical Artists (Agma) eine Untersuchung der Vorwürfe gegen Domingo, die sie als Vertreter der Sänger an Domingos früherer Wirkungsstätte, der Oper von Los Angeles, im September eingeleitet hatte.
Darin wird Domingo «ein unangemessenes Verhalten vom Flirt bis hin zu sexuellen Avancen an seinem Arbeitsplatz und ausserhalb» vorgeworfen. Seine Opfer hätten aus «Angst vor Repressalien» geschwiegen. Die Gewerkschaft teilte mit, dass der Vorstand der Oper von Los Angeles die Untersuchungsergebnisse anerkenne und mit «geeigneten Massnahmen» reagieren werde.
Die Fälle reichen bis in die 80er Jahre zurück. In Medienberichten hatte es geheissen, Domingos Verhalten sei lange folgenlos geblieben, weil er als einer der grössten Opernstars der Welt unantastbar schien.
Jetzt will der Spanier nach eigenem Bekunden beitragen zu einem «positiven Wandel in der Opernbranche, damit niemand mehr dieselbe Erfahrung machen muss». Es sei sein «inniger Wunsch, dass das Ergebnis ein sicherer Arbeitsplatz für alle in der Opernbranche» sei, erklärte Domingo. Mit seinem «Beispiel» wolle er andere ebenfalls dazu ermutigen.
Die Vorwürfe der sexuellen Übergriffe haben insbesondere Domingos Karriere in den USA geschadet. So sah er sich gezwungen, all seine Auftritte an der New Yorker Met abzusagen. Auch Konzerte des Spaniers in Philadelphia, San Francisco und Dallas wurden abgesagt. Anfang Oktober trat Domingo als Generaldirektor der Oper von Los Angeles zurück.
In Europa trat Domingo nach Bekanntwerden der Vorwürfe hingegen weiterhin auf. Bei den Salzburger Festspielen erntete der Sänger, der früher Tenor war und mittlerweile Bariton singt, Ende August grossen Jubel. In Hamburg, Madrid und weiteren europäischen Orten sind für die kommenden Monate weitere Auftritte des Spaniers geplant.