Kritik an Polizei nach Einsatz gegen Corona-Gegendemo
Medizinstudenten stellen sich in Dresden Leugnern der Corona-Pandemie entgegen und müssen dafür vonseiten der Polizei mit Konsequenzen rechnen. Doch sie bekommen viel Zuspruch aus der Politik.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Polizei hat mit einem Grossaufgebot in Dresden eine Demonstration von Leugnern der Corona-Pandemie und Kritikern der Schutzmassnahmen verhindert und steht dennoch in der Kritik.
Grund ist der Umstand, dass bei dem Einsatz auch 22 Medizinstudenten ins Visier gerieten, die sich schützend vor das Universitätsklinikum Dresden gestellt hatten und mit Plakaten die Gegenseite aufforderten, sich impfen zu lassen. Sie sehen sich nun mit Ordnungswidrigkeitsverfahren konfrontiert, weil auch sie gegen Sachsens Corona-Notfallverordnung verstiessen. Heute gab es für die Studierenden viel Zuspruch.
Zivilcourage sei «definitiv das richtige Signal, klare Kante gegen das aktuelle Corona-Protestgeschehen zu zeigen», sagte Innenminister Roland Wöller (CDU) der dpa. «Dafür bedanke ich mich ausdrücklich. Derzeit müssen wir im Innenministerium noch prüfen, wie sich die Situation für die Beamten vor Ort genau dargestellt hat, um das Handeln abschliessend bewerten zu können. Denn unabhängig davon, dass die Studierenden in der Sache Recht haben mögen, gelten die Regeln der Corona-Notfall-Verordnung für alle.» Wöller will sich nun mit den Studenten in Verbindung setzen und ihre Sichtweise erfahren.
Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) äusserte sich ebenfalls lobend: «Ein klares und wichtiges Statement der Studierenden der @Medizin_TUD», schrieb der CDU-Politiker auf seinem Twitter-Account und setzte ein «Danke!» dahinter. Dazu postete er ein Bild der Aktion von Donnerstagabend. Die angehenden Mediziner erlebten täglich, «dass nicht Massnahmen gegen das Virus das Problem sind, sondern das Virus selbst», schrieb Kretschmer. Dazu setzte er unter anderem den Hashtag #ImpfenStattSchimpfen - ein Spruch der Plakataktion.
Dass Vorgehen der Polizei sorgte für heftige Kritik in den sozialen Medien. Ein Polizeisprecher sagte dazu: «Unabhängig der politischen Motivation ist die Polizei an Recht und Gesetz gebunden.» Die Beamten seien gehalten gewesen, die Corona-Verordnung durchzusetzen. Die Aktion sei nicht angezeigt worden und mit mehr als zehn Personen unzulässig gewesen, hiess es.
Uniklinikum wurde abgeriegelt
Bei der Räumung eines Strassenabschnittes seien Teilnehmer in einer «unübersichtlichen und dynamischen Situation» von Beamten aus Berlin festgesetzt worden. Wenn man eine solche Aktion plane, sei es besser, im Vorfeld Kontakt zur Versammlungsbehörde und Polizei wegen eines Kooperationsgespräches aufzunehmen.
Die Polizei hatte mit einer grösseren Menschenmenge gerechnet und Gewalt von Extremisten nicht ausgeschlossen, weil Gruppierungen aus dem rechten Spektrum für die Demo geworben hatten. Deshalb wurde das Uniklinikum von zwei Hundertschaften abgeriegelt, an jedem Eingang waren Beamte postiert. «Es wäre für uns unerträglich gewesen, wenn das so schon ächzende Klinikpersonal noch durch ein Spalier von Querdenkern und Corona-Kritikern gehen muss», sagte der verantwortliche Polizeiführer Hendrik Schlicke.
Laut Polizei waren bis zu 2000 Corona-Demonstranten unterwegs. Die Sicherheitskräfte lösten kleine Gruppen immer wieder auf und nahmen Personalien der Leute auf. Vereinzelt bewegten sie sich dann in Richtung Zentrum. Die Polizei sprach von einem «Katz- und Mausspiel». Insgesamt wurden mehr als 200 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Zudem gab es drei Strafanzeigen wegen Beleidigung sowie drei wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Mehr als 1000 Beamte waren im Einsatz. Zudem waren zwei Wasserwerfer und ein Räumpanzer präsent. Ein Hubschrauber kreiste über dem Einsatzgebiet.
Polizeipräsident Jörg Kubiessa sprach von einem erfolgreichen Einsatz. «Wir haben das Klinikum geschützt, einen geplanten zentralen Aufzug verhindert und über 200 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. (...) Die Frage, die jetzt in der Öffentlichkeit diskutiert wird, ist: Gibt es richtige und gibt es falsche Regelverstösse? Das kann man als Gesellschaft sicher diskutieren. Nur diese Diskussion eignet sich nicht zur Handlungsgrundlage für meine Kollegen auf der Strasse - schon gar nicht bei derart dynamischen Einsätzen.»