Polizeigewalt bei friedlichen Protesten gegen Lukaschenko in Belarus
Bei der 15. Sonntagsdemonstration in Serie haben heute wieder zahlreiche Menschen friedlich gegen Machthaber Alexander Lukaschenko protestiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Menschen in Belarus protestierten heute zum 15. Mal in Serie gegen Lukaschenko.
- Es soll zu Verhaftungen von über 200 Personen gekommen sein.
- Die Aktion wurde diesmal als «Marsch gegen den Faschismus» angekündigt.
Tausende Menschen haben trotz Polizeigewalt zum 15. Mal in Serie in Belarus (Weissrussland) bei einer Sonntagsdemonstration gegen Machthaber Alexander Lukaschenko friedlich protestiert. In der Hauptstadt Minsk versammelten sich die Menschen zunächst in ihren Wohnvierteln. Und bildeten dann einzelne Protestzüge mit den historischen weiss-rot-weissen Fahnen der Opposition.
Die Polizei begann schon zu Beginn der nicht genehmigten Versammlungen mit Festnahmen. Das Menschenrechtszentrum Wesna veröffentlichte am Nachmittag die Namen von mehr als 200 Festgenommenen. An den vorangegangenen beiden Sonntagen kam es jeweils zu rund 1000 Festnahmen.
«Marsch gegen den Faschismus»
Auch in anderen Städten forderten Menschen erneut Lukaschenkos Rücktritt. Offiziell war die Aktion diesmal als «Marsch gegen den Faschismus» angekündigt. Die Organisatoren regierten damit auf jüngste Beschimpfungen durch Lukaschenko, sie seien Faschisten.
Der Machtapparat zog Hundertschaften vermummter Uniformierter von Innenministerium und Armee in Minsk zusammen. Gefangenentransporter, Wasserwerfer und andere schwere Technik standen bereit. Es wurden zur Abschreckung Leucht- und Lärmgranaten gezündet, wie auf Bildern im Nachrichtenkanal Telegram zu sehen war. Das Innenministerium in Minsk bestätigte den Einsatz von «Spezialmitteln».
Behörden wollen Menschenansammlungen verhindern
Die grossen Plätze der Hauptstadt waren mit Metallgittern abgesperrt. Die Behörden regelten zeitweilig erneut das mobile Internet herunter und sperrten stundenlang etwa zehn Metrostationen. So sollten Menschenansammlungen verhindert werden.
Bewegung fordert unter anderem Neuwahl
Die Proteste der Demokratiebewegung dauern seit mehr als drei Monaten an. Die Bewegung fordert auch ein Ende der Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten, die Freilassung aller politischen Gefangenen und eine Neuwahl. Lukaschenko beansprucht den Sieg der Präsidentenwahl vom 9. August mit 80,1 Prozent der Stimmen für sich – nach 26 Jahren im Amt.
Die Opposition sieht dagegen die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als Siegerin der Wahl.
Tichanowskaja lebt im Exil in der EU. Sie will die Einheiten des Innenministeriums, darunter die Sonderpolizei OMON, international zu «Terrororganisationen» erklären lassen. Die Initiative dazu sei angestossen, sagte sie nach Treffen mit EU-Politikern.