Russland wirft Estland Nationalsozialismus vor
Das Wichtigste in Kürze
- Estland hat sich mit SS-Gedenkstätten ins Kreuzfeuer der Kritik manövriert.
- Russland betrachtet das als Verherrlichung des Nationalsozialismus.
Russland hat die kurzzeitige Aufstellung einer Kopie eines Gedenksteins für ehemalige Waffen-SS-Veteranen im baltischen EU-Land Estland als Verherrlichung des Nationalsozialismus kritisiert. Die Nachbildung des Denkmals war am Sonntag von der Estnischen Konservativen Volkspartei (EKRE) für wenige Stunden in der westestnischen Stadt Lihula aufgestellt worden. Es zeigt einen Soldaten mit Gewehr in deutscher Uniform aus dem Zweiten Weltkrieg und trägt die Aufschrift «Für die estnischen Männer, die 1940-1945 gegen den Bolschewismus und für die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Estlands kämpften», wie Medien am Montag berichteten.
Das Original des Denkmals war kurz nach seiner Einweihung an gleicher Stelle vor 14 Jahren auf Anweisung der estnischen Regierung verlegt worden. Es wird seitdem im Kriegsmuseum in Lagedi bei Tallinn aufbewahrt. Vertreter der rechtsgerichteten Oppositionspartei EKRE, die mit sieben Sitzen im Parlament vertreten ist, wollen den Gedenkstein im kommenden Jahr wieder in Lihula errichten.
Russland warnt vor neuem Kultur-Trend
Zuvor hatten bereits die umstrittene Enthüllung von privat initiierten Denkmälern für die auf deutscher Seite kämpfende Esten Alfons Rebane (1908-1976) und Harald Nugiseks (1921-2014) für Aufsehen gesorgt. Die Verherrlichung von Waffen-SS-Legionären nehme Kultcharakter in Estland an, kritisierte die russische Botschaft in der Mitteilung.
In Estland haben – wie auch im benachbarten Lettland – Zehntausende Einheimische als Teil der Waffen-SS teils zwangsmobilisiert, teils freiwillig für Hitler-Deutschland gegen die Sowjetunion gekämpft. Viele sehen die Veteranen als Freiheitskämpfer, die ihre Heimat an der Front gegen die Besetzung durch die Rote Armee verteidigt haben.
Estland wurde im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Hitler-Deutschland besetzt. Nach Kriegsende war der Baltenstaat bis 1991 unfreiwillig Teil der Sowjetunion. Seit 2004 gehört Estland der EU und der Nato an.