Schiffsunglück in Nordsee: Droht eine Umweltkatastrophe?

Keystone-SDA
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Grossbritannien,

Die Sorge vor Umweltschäden ist gross: Es ist noch immer unklar, wie viel der 220'000 Barrel Flugzeugtreibstoff ins Meer gelangt waren.

Stena Immaculate
An der Backbordseite des Öltankers «Stena Immaculate» klaffte ein riesiges Loch. - keystone

Als sich die ganz dichten Rauchschwaden über den riesigen Schiffswracks vor der englischen Nordseeküste verzogen hatten, wurden die Schäden sichtbar: An der Backbordseite des Öltankers «Stena Immaculate» klaffte ein riesiges Loch, Gas und Flüssigkeiten schienen an verschiedenen Stellen auszutreten, wie auf Luftaufnahmen der BBC zu erkennen war.

Über den Zustand des Frachters «Solong» waren zunächst keine Details bekannt. Ganz gelöscht waren die Brände auf den Schiffen nach Angaben eines britischen Staatssekretärs auch einen Tag nach ihrem Zusammenprall in der Nähe der Mündung des Flusses Humber nicht. Dem Sender Sky News zufolge konnte eine Hubschrauberbesatzung den Frachter nicht ausmachen.

Suche nach Vermisstem eingestellt

Insgesamt 36 Besatzungsmitglieder des Öltankers und des Containerschiffs waren sicher an Land gebracht worden, ein Mensch sei ins Spital gekommen. Eine traurige Gewissheit gab es jedoch: Die Hoffnung, dass ein vermisster Seemann gerettet werden könnte, wurde aufgegeben und die Suche am späten Montagabend eingestellt.

220'000 Barrel Flugzeugtreibstoff

Die Sorge vor Umweltschäden ist gross. Am Mittag war noch immer unklar, wie viel der 220'000 Barrel (knapp 35 Millionen Liter) Flugzeugtreibstoff, die auf der «Stena Immaculate» transportiert wurden, ins Meer gelangt waren. Der Treibstoff war den Angaben des US-Schifffahrtsunternehmens Crowley zufolge auf 16 Tanks verteilt, von denen mindestens einer bei dem Zusammenstoss beschädigt wurde.

Berichte, wonach die «Solong» mehrere Behälter mit Natriumcyanid geladen haben sollte, wurden von deren Reederei Ernst Russ dementiert. Natriumcyanid ist eine giftige Substanz, die das Ökosystem belasten kann. Die Container seien jedoch leer gewesen, hiess es in einer Mitteilung des in Hamburg ansässigen Unternehmens.

Britische Behörden seien dabei, die Auswirkungen auf die Umwelt zu erfassen, sagte der britische Staatssekretär für Wohnungswesen, Matthew Pennycock, dem Sender «Times Radio».

Tanker liegt laut Experten stabil

Das niederländische Bergungsunternehmen Boskalis ist mit der Bergung der«Stena Immaculate» beauftragt worden. Vier Schiffe mit Löschmaterial seien auf dem Weg zur Unglücksstelle, sagte ein Sprecher von Boskalis der Deutschen Presse-Agentur.

«Wir müssen zunächst sehen, dass wir auch dicht an das Schiff herankommen.» Das hänge von der Rauch- und Temperaturentwicklung ab. Die Umstände sind nach den Angaben des Sprechers günstig. «Das Feuer ist deutlich kleiner geworden als noch in der Nacht.»

Die Gefahr, dass der Tanker auseinanderbreche, sei klein. Beide Schiffe seien nicht länger ineinander verkeilt. «Heute Nacht ist das Containerschiff aus eigener Kraft freigekommen, der Tanker liegt stabil.»

Die Experten werden den Angaben zufolge zunächst den Tanker von aussen kühlen. «Wir müssen erst kühlen und dafür sorgen, dass die Temperatur auf dem Schiff sinkt.» Dann werde, sofern das nötig sei, auch auf dem Schiff weiter gelöscht. Sobald der Brand unter Kontrolle sei, könne der Tanker in einen sicheren Hafen geschleppt werden.

Gründe für Unglück weiterhin unklar

Warum die beiden Schiffe zusammenstiessen, war auch einen Tag nach dem Unglück weiter unklar. Der unter US-Flagge fahrende Tanker war nach Angaben von Crowley von der unter portugiesischer Flagge fahrenden «Solong» gerammt worden, als er vor Anker lag. Die Untersuchungen liegen federführend bei den Flaggenstaaten.

Berichten von Besatzungsmitgliedern der «Stena Immaculate» zufolge, die mit dem US-Sender CBS gesprochen hatten, brach unmittelbar nach dem Zusammenstoss ein Feuer aus. Nach anfänglichen Löschversuchen habe die Mannschaft beschlossen, das Schiff zu verlassen. Die Flammen seien den Seeleuten dabei so nah gekommen, dass manchen die Haare versengt wurden.

Deutsches Schiff zur Unterstützung entsandt

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace in Grossbritannien äusserte sich besorgt. «Sowohl die hohe Geschwindigkeit als auch die Videos von den Folgen geben Anlass zu grosser Sorge», sagte ein Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Es sei aber noch zu früh, das Ausmass von Schäden für die Umwelt zu bestimmen, sagte der Sprecher weiter.

Auch das deutsche Havariekommando hatte ein Mehrzweckschiff zur Unterstützung entsendet. Die «Mellum» der Wasserstrassen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes traf am späten Vormittag ein. Sie sei unter anderem mit Technik zur Brandbekämpfung sowie zur Aufnahme von Öl ausgerüstet. Rund 20 Menschen seien an Bord, hiess es vom Havariekommando.

Zudem wird ein Flugzeug vom Typ DO 228 gegen 14.30 Uhr deutscher Zeit an der Küste erwartet. Die Bundeswehr bezeichnet es als «Öljäger», weil es mit leistungsstarken Kameras und Sensoren dabei helfen könne, Schadstoffe im Wasser zu finden. Sowohl die Besatzung der «Mellum» als auch die des Flugzeugs erhielten ihre Aufträge vor Ort von der britischen Küstenwache, hiess es weiter.

Allianz: Britische Gewässer weltweit die gefährlichsten

Die britischen Inseln sind nach einer Auswertung der Allianz von den weltweit unfallträchtigsten Gewässern umgeben: In den zehn Jahren bis 2023 kam es dort zu 5.279 Unfällen mit Schiffen von über 100 Bruttoregistertonnen – nahezu ein Fünftel der 28.000 in diesem Zeitraum weltweit gemeldeten Vorfälle. Das berichtete der zu dem Münchner Dax-Konzern gehörende Unternehmensversicherer Allianz Commercial.

Kommentare

User #5954 (nicht angemeldet)

Radargerät kaputt? XY.

User #5954 (nicht angemeldet)

War der Nebel schuld?XY.

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