Bundesregierung hält an Corona-Notbremse fest

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Deutschland,

Die Corona-Zahlen müssen sinken, darin sind sich fast alle einig. Die bundeseinheitliche Notbremse soll das bewerkstelligen, wird aber seit Tagen heftig kritisiert.

«Es muss für jede und jeden nachvollziehbar sein, was gilt»: Olaf Scholz. Foto: Kay Nietfeld/dpa
«Es muss für jede und jeden nachvollziehbar sein, was gilt»: Olaf Scholz. Foto: Kay Nietfeld/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Angesichts weiter steigender Corona-Zahlen will die Bundesregierung trotz anhaltender Kritik an der einheitlichen «Notbremse» festhalten.

Mehrere Minister verteidigten am Wochenende auch die besonders umstrittenen Pläne für Ausgangsbeschränkungen abends und in der Nacht. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung», man wolle sich das Vorhaben nicht wieder «zerreden» lassen. Bundestag und Bundesrat wollen in den nächsten Tagen darüber entscheiden. Kritiker drohen bereits mit dem Gang vors Bundesverfassungsgericht.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) nach jüngsten Angaben vom Sonntag 19 185 Neuinfektionen (eine Woche zuvor: 17.855) sowie 67 neue Todesfälle (104). Am Wochenende sind die Fallzahlen meist niedriger als unter der Woche - auch, weil weniger getestet wird. Rein rechnerisch stecken 100 Corona-Kranke derzeit 122 weitere Menschen an. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz - also die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche - betrug am Sonntagmorgen bundesweit 162,3.

Nachdem es keine Einigung zwischen Bund und Ländern gab, hatte die Bundesregierung Änderungen des Infektionsschutzgesetzes auf den Weg gebracht. Künftig soll es bundeseinheitliche Regelungen geben: Falls die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Stadt oder einem Landkreis drei Tage hintereinander über 100 liegt, sollen dort die meisten Geschäfte geschlossen bleiben. Zudem sollen zwischen 21.00 und 5.00 Uhr Ausgangsbeschränkungen gelten. Baden-Württemberg, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wollen damit schon an diesem Montag beginnen.

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sagte der «Welt am Sonntag», wichtig seien einheitliche und lebensnahe Regelungen: «Es muss für jede und jeden nachvollziehbar sein, was gilt.» Altmaier ergänzte, bei den Ausgangsbeschränkungen gehe es darum, «dass man sich nicht unter Verletzung der Kontaktregeln abends gegenseitig besucht und feiert». Der CDU-Politiker fügte hinzu: «Überall auf der Welt, wo eine Infektionswelle erfolgreich gebrochen wurde, hat man das mit dem Instrument eines harten Lockdowns geschafft.»

Die Gespräche zwischen den Experten von CDU/CSU und SPD über Änderungen am Gesetzentwurf liefen am Sonntag weiter. Eine Einigung zeichnete sich am Vormittag noch nicht ab. Am Montag wollen beide Fraktionen in Videokonferenzen beraten (beide 11.30 Uhr). Die Verabschiedung im Bundestag ist dann für Mittwoch vorgesehen. Der Bundesrat will sich am Donnerstag damit befassen. Scholz sagte, er erwarte «keine wesentlichen Änderungen».

Auch Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus verteidigte die Reform, er sagte dem Nachrichtenportal t-online: Nach Beratungen mit Wissenschaftlern und Experten müsse man auch unpopuläre Entscheidungen treffen. «Je weicher wir bei den Beschränkungen sind, desto mehr zögern wir das ganze Geschehen raus. Ich nehme im Übrigen die Stimmen sehr ernst, die sagen, dass selbst das, was ihr jetzt beschliesst, sei viel zu wenig.»

Unterdessen hielt die Kritik an. Der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte der dpa am Sonntag: «Dass die Bundesregierung die Bundesnotbremse schnell durchpauken will, ist ein schlechtes Zeichen. Offenbar gibt es keinerlei Bereitschaft, auf die Bedenken der Sachverständigen und die Hinweise der Opposition einzugehen. Dabei werden etwa die verengte Orientierung allein auf die 7-Tage-Inzidenz oder pauschale Ausgangssperren rechtlich kaum zu halten sein.» Die FDP kündigte bereits an, sich einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht vorzubehalten.

«Der Gesetzentwurf muss an vielen Stellen korrigiert werden», sagte der Präsident des Landkreistages, Reinhard Sager, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die geplanten Ausgangsbeschränkungen wären «ein unverhältnismässiger Eingriff in die Freiheitsrechte der Menschen, weil dem kein überlegener Effekt zur Verhinderung von Neuinfektionen gegenübersteht». Ähnlich äusserten sich bereits andere Kritiker. Die FDP drohte abermals mit einer Verfassungsklage.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wiederholte in der «Bild am Sonntag» die Forderung seiner Fraktion, Abendspaziergänge grundsätzlich zu erlauben. «Es muss möglich sein, dass sich Erwachsene auch trotz aller Beschränkungen die Beine vertreten.» Befürworter der «Notbremse» - insbesondere Intensivmediziner - drängen darauf, angesichts der dritten Corona-Welle keine weitere Zeit zu verlieren.

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