Klimakabinett soll das Land beim CO2-Sparen auf Kurs bringen
Kaum abgasfreie Autos, alte Heizungen, Kohlekraftwerke - beim Verringern des Treibhausgas-Ausstosses in Deutschland sieht es mau aus, ein Gesamtkonzept fehlt. Das soll nun ein Klimakabinett ändern. Wird Klimaschutz zur Chefsache oder ist alles nur Show?
Das Wichtigste in Kürze
- Im Streit um Deutschlands Kurs beim Klimaschutz soll ein neues Klimakabinett den Durchbruch bringen.
Die Bundesregierung setzte am Mittwoch diesen Kabinettsausschuss ein, zu dem unter anderem sechs Fachminister und die Kanzlerin gehören.
Mit dem Vorsitz wurde Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) beauftragt. Die Minister sollen ein Gesetz oder mehrere Gesetze vorbereiten, mit denen Deutschland die Klimaschutzziele 2030 verbindlich erreicht und der Klimaschutzplan aus dem Jahr 2016 umgesetzt wird.
Schulze zeigte sich zufrieden: «Viel zu lange haben sich in der Bundesregierung letztlich nur die Umweltministerinnen für den Klimaschutz in Deutschland verantwortlich gefühlt», sagte sie. «Das wird sich jetzt endlich ändern.» Wann das Klimakabinett erstmals tagen soll, steht noch nicht fest.
Stand jetzt verfehlt Deutschland sowohl die selbst gesetzten als auch die verbindlichen EU-Ziele beim Einsparen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2). Für den Kohleausstieg hat eine Kommission ein Konzept vorgelegt, eine andere Kommission soll noch im März Vorschläge für den Verkehrsbereich liefern.
Ein drittes Gremium, das sich um den wichtigen Gebäudebereich kümmern sollte, liegt auf Eis. Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD sollten für diese Bereiche eigentlich schon Ende letzten Jahres Klimaschutz-Programme vorliegen.
Zudem stösst der Entwurf eines Rahmengesetzes für den Klimaschutz, den Schulze vorgelegt hat, in der Union auf viel Widerstand. Sie will damit den Klimaschutzplan in ein Gesetz überführen, der für die einzelnen Bereiche wie Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude Ziele für die Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses festlegt. Schulze sieht jahresgenaue Minderungsziele für die Sektoren vor sowie eine finanzielle Verantwortung der Ressorts, falls Deutschland EU-Ziele verfehlt und Verschmutzungszertifikate zukaufen muss.
Diese Probleme soll nun das Klimakabinett lösen. Zeitlich befristet ist der Ausschuss zwar nicht. Ein Gesetz soll aber laut Koalitionsvertrag noch 2019 verabschiedet werden, dieses Ziel hatten die Koalitionsspitzen vergangene Woche noch einmal bekräftigt.
Mit dabei sind neben Schulze und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auch Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Bauminister Horst Seehofer (CSU), Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Agrarministerin Julia Klöckner (CDU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sowie Staatssekretär Steffen Seibert, der Sprecher der Bundesregierung. Weitere Mitglieder der Bundesregierung können einbezogen werden.
Erfolg oder Misserfolg in der Klimapolitik sollten aus Sicht von SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch auch eine Rolle in der Halbzeitbilanz der grossen Koalition spielen - von dieser will die SPD den Fortbestand des Bündnisses abhängig machen. «Ob wir hier liefern, Ende des Jahres, das zeigt, ob diese Koalition Zukunft gestalten kann», sagte Umwelt-Experte Miersch.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock mahnte, das Klimakabinett dürfe nicht zu einer «Plauder-Runde» werden. Linke-Klimapolitiker Lorenz Gösta-Beutin sprach von einem Ablenkungsmanöver. «Wer wie die Ministerien der Union gegen jede Form von verbindlichem Klimaschutz schiesst, der wird auch durch einen neuen Arbeitskreis keine Abkehr von der Lobbypolitik herbeizaubern», sagte er. FDP-Fraktionsvize Frank Sitta kritisierte das «sektorale Kleinklein der Klimapolitik» und sprach von einem «Showkabinett».
Die Umweltorganisation Greenpeace zeigte sich hoffnungsvoll: «Die Kanzlerin macht Klimapolitik endlich wieder zur Priorität», sagte Geschäftsführer Martin Kaiser. Um den Stillstand schnell aufzulösen, müsse das Klimakabinett rasch eine ganze Reihe an Massnahmen und Gesetzen auf den Weg bringen.