Selenskyj erwartet weitere russische Mobilmachungen
Der Kreml hat zwar des Ende der Mobilmachung verkündet, Selenskyj traut dem aber nicht. Die Ukraine sei zu stark, Russland werde mehr Soldaten brauchen.
Das Wichtigste in Kürze
- Selenskyj erwartet weitere Mobilmachungen Russlands.
- Experten glauben, dass die Verkündung des Endes ein Trick sei, um Russen zurück zu locken.
- Selenskyj wirft den Besatzern vor, medizinisches Gerät aus Spitälern geklaut zu haben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet weitere Teilmobilmachungen von Reservisten in Russland für den Krieg gegen sein Land. «Wir bereiten uns darauf vor», sagte Selenskyj in einer am Freitagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Er reagierte damit auf das in Moskau von Verteidigungsminister Sergej Schoigu verkündete Ende der Einberufung von 300'000 Reservisten für den Krieg gegen die Ukraine.
Die Teilmobilmachung ist in der russischen Gesellschaft umstritten – auch weil damit der Krieg erstmals in den meisten Familien greifbar wird. Viele Einberufene sind inzwischen in Särgen wieder nach Russland überführt worden.
Selenskyj betonte, dass der ukrainische Widerstand so stark sei, dass Russland gezwungen sein werde, neue Mobilmachungen zu befehlen. Die russischen Truppen seien so schlecht ausgebildet und ausgerüstet, dass das Land bald noch mehr Menschen mobilisieren müsse, meinte der Präsident mit Blick auf die Verluste unter den russischen Soldaten.
Hunderttausende Russen haben aus Angst, in den Kriegsdienst eingezogen zu werden, das Land verlassen. In Russland sind viele Arbeitsplätze verwaist, weil die Menschen entweder im Krieg dienen oder geflohen sind.
Ende der Teilmobilmachung noch noch durch Erlass besiegelt
Dass Putin nun das Ende der Mobilmachung verkündete, wurde deshalb als Versuch gesehen, Männer wieder ins Land zu locken. Experten warnen aber vor einer Rückkehr nach Russland, weil das Ende einer Teilmobilmachung noch durch einen Erlass des Präsidenten besiegelt werden müsse. Das ist bisher nicht geschehen.
Selenskyj äusserte sich einmal mehr auch zu den Stromausfällen im Land durch die von russischen Raketen zerstörte Energieinfrastruktur. Vier Millionen Ukrainer würden derzeit mit den Einschränkungen leben. Betroffen seien unter anderem die Hauptstadt Kiew, die Regionen Sumy und Charkiw.
In den besetzten Regionen hätten die russischen Okkupanten auch medizinisches Gerät aus Krankenhäusern entwendet, um die Lage zu destabilisieren. Betroffen sei etwa die Region Cherson im Süden, die Russland durch Evakuierungen zu einer Zone ohne Zivilisation mache.
Selenskyj dankte den USA für ein neues militärisches Hilfspaket von 275 Millionen US-Dollar. Dieses soll dabei helfe, die besetzten Gebiete zu befreien.
Besonders lobte er Kanada, das als erstes Land Anleihen für eine halbe Milliarde Dollar aufgelegt habe, um der Ukraine zu helfen. Selenskyj informierte auch über ein Telefonat mit der neuen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni. Damit habe er Fragen einer Zusammenarbeit auf verschiedenen Feldern erörtert.