Selenskyj: Kein Angriff bleibt unbeantwortet
Nach folgenschwerem Beschuss in der Südukraine hat Präsident Wolodymyr Selenksyj Russland mit Konsequenzen gedroht.
Das Wichtigste in Kürze
- Selenskyj hat den jüngsten Beschuss auf die südukrainische Stadt Mykolajiw verurteilt.
- In der Region Odessa schlugen am Sonntag gemäss der Ukraine mehrere Raketen ein
- Am Sonntagabend wurde zwischenzeitlich fast in der gesamten Ukraine Luftalarm ausgelöst.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den jüngsten russischen Beschuss auf die südukrainische Stadt Mykolajiw verurteilt und eine Reaktion seiner Armee angekündigt. «Heute fand einer der brutalsten Bombenangriffe auf Mykolajiw und die Region statt», sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Montag. Zugleich betonte er: «Kein russischer Angriff bleibt von unseren Militärs und Geheimdienstlern unbeantwortet.»
Selenskyj erinnerte in diesem Zusammenhang auch an Olexij Wadaturskyj, den Besitzer eines der grössten ukrainischen Getreidehandel-Unternehmen, der in Mykolajiw getötet wurde. Wadaturskyj wurde 74 Jahre alt. Den ukrainischen Angaben zufolge starb in der Nacht zum Sonntag auch seine Frau Rajissa.
Wie zuvor bereits der ukrainische Generalstab berichtete auch Selenskyj von Truppenverlegungen der Russen in besetzte Gebiete im Süden. «Ein Teil der russischen Kräfte wird von ihren Positionen im Osten in den Süden verlegt - in die Gebiete Cherson und Saporischschja. Aber das wird ihnen dort nicht helfen», sagte der ukrainische Staatschef. Moskau äusserte sich nicht zu möglichen Truppenverlegungen.
Im Zuge des bereits mehr als fünf Monate andauernden Angriffskriegs hat Russland unter anderem mehrere südukrainische Gebiete besetzt. Dank aus dem Westen gelieferter Waffen startete die Ukraine in Cherson zuletzt allerdings laut eigenen Angaben und nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes mehrere erfolgreiche Gegenoffensiven.
Ukraine wirft Russland Raketenangriffe auf Region Odessa vor
Der Stadtrat von Odessa teilte am Sonntag unter Berufung auf das Kommando Süd der ukrainischen Armee mit, zwei russische Raketen vom Typ «Iskander» seien von der von Russland annektierten Halbinsel Krim aus abgeschossen worden. Zu möglichen Opfern wurden keine Angaben gemacht. Moskau äusserte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. In der Region Odessa liegen alle drei Häfen, über die infolge eines kürzlich erzielten Abkommens bald wieder Getreide über das Schwarze Meer exportiert werden soll.
Krim-Gouverneur wirft Kiew Drohnen-Angriff vor - Ukraine dementiert
Auf der Krim, von wo aus die Raketen abgefeuert worden sein sollen, waren zuvor russische Feierlichkeiten zum «Tag der Marine» abgesagt worden - unter Verweis auf einen angeblichen Drohnen-Angriff der Ukrainer auf die Stadt Sewastopol. Die ukrainische Marine dementierte das und teilte mit, Russland hätte den Vorfall «erfunden».
In Wirklichkeit hätten sich die Russen aus Angst vor ukrainischen Angriffen nicht getraut, dort wie geplant die Feierlichkeiten abzuhalten, hiess es. Die russische Seite hingegen teilte mit, in Sewastopol sei der Stab ihrer Schwarzmeerflotte angegriffen worden. Sechs Menschen seien dabei am Sonntag verletzt worden, schrieb der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew.
Putin setzt neue Marine-Doktrin in Kraft
In der russischen Ostsee-Metropole St. Petersburg hingegen wurde der Tag der Seestreitkräfte wie geplant gefeiert - auch Kremlchef Wladimir Putin war angereist. Putin setzte eine neue Marine-Doktrin in Kraft, die Russlands Seegrenzen - darunter in der Arktis und im Schwarzen Meer - festlegen soll. Bei einer Parade mit Kriegsschiffen kündigte Putin zudem an, dass die neue Hyperschall-Seerakete «Zirkon» bald in den Dienst gestellt werde.
In der neuen Doktrin wurde festgeschrieben, dass das Streben der USA nach Dominanz auf den Weltmeeren eine «Herausforderung für die nationale Sicherheit Russlands» sei. Das von Putin feierlich unterzeichnete Dokument sieht auch vor, dass Russlands militärische Infrastruktur auf der Krim ausgebaut werden soll.
Rotes Kreuz wartet auf Zugang zu angegriffenem Gefängnis Oleniwka
Das Rote Kreuz hat nach dem Angriff auf ein Gefangenenlager im Osten der Ukraine zunächst vergeblich auf Zugang zu den Verletzten gewartet. Bis zum Sonntagnachmittag hatte das IKRK noch keine Erlaubnis für einen Zugang zum Gefängnis erhalten, wie ein Sprecher in Genf sagte. Das russische Verteidigungsministerium hingegen erklärte, es habe das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zu einem Besuch eingeladen.
Oleniwka liegt bei Donezk auf dem Gebiet, das prorussische Separatisten mit Moskaus Hilfe kontrollieren. In der Baracke mit Kriegsgefangenen soll in der Nacht zum Freitag eine Rakete eingeschlagen sein. Selenskyj sprach von einem vorsätzlichen russischen Kriegsverbrechen. Nach russischer Darstellung wurde die Einrichtung von einem Himars-Mehrfachraketenwerfer aus den USA getroffen, den die ukrainische Armee einsetzt. Moskau veröffentlichte zudem die Namen von 50 getöteten und 73 verletzten Gefangenen.
Was am Montag wichtig wird
Rund anderthalb Wochen nach einer in Istanbul mit Moskau und Kiew erzielten Einigung könnte am Montag möglicherweise der erste Getreide-Export aus einem ukrainischen Hafen anstehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein mit Getreide beladenes Schiff am Morgen einen der drei in dem Abkommen festgelegten Häfen verlasse, sei sehr hoch, hatte ein Sprecher des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Sonntag gesagt.