Stecken russische Agenten hinter dem Havanna-Syndrom?
Immer wieder klagen US-Diplomaten über neurologische Beschwerden. Nun führt eine Spur nach Russland – und zu gesundheitsschädlichem Schall.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Havanna-Syndrom gibt seit Jahren Rätsel auf.
- Immer wieder sind Diplomaten von den neurologischen Beschwerden betroffen.
- Eine neue Recherche lässt vermuten: Russische Agenten stecken dahinter.
Kopfschmerzen, Übelkeit, Hörverlust und Sehstörungen – all das sind Symptome des sogenannten Havanna-Syndroms. Zahlreiche Diplomaten sind von den mysteriösen Beschwerden betroffen. Aufgetreten sind sie erstmals im Jahr 2016 bei US-amerikanischen und kanadischen Diplomaten auf Kuba.
Seither wurden Vorfälle in China, Deutschland, Australien, Russland, Österreich und den Vereinigten Staaten selbst registriert. Doch was genau die Symptome auslöst, ist unklar. Eine neue Spur führt nun allerdings nach Russland.
Steckt russische Spezialeinheit hinter Havanna-Syndrom?
Der «Spiegel» hat in Zusammenarbeit mit «60 Minutes» und «The Insider» eine brisante Recherche veröffentlicht. Und die zeigt: Mikrowellenwaffen könnten hinter dem Havanna-Syndrom stecken. So soll eine Spezialeinheit des russischen Militärnachrichtendienstes GRU gezielt Angriffe verübt haben.
Für ihren Bericht sprachen die Journalistinnen und Journalisten mit Betroffenen. Zudem nahmen sie Reisedaten und Telefonverbindungen der russischen Agenten unter die Lupe.
Tatsächlich hielten sich Mitglieder der russischen Spezialeinheit «29155» mehrfach an Orten auf, an welchen US-Diplomaten kurze Zeit später über neurologische Beschwerden klagten. Auffällig: Viele von ihnen hatten bei ihrer Arbeit einen Bezug zu Russland.
Informationen über Forschungen von akustischen Waffen
Doch nicht nur das: Auch Informationen über Forschungen von «nicht-tödlichen akustischen Waffen» liegen den Medien vor. Befragte Experten halten die Angriffe mit Mikrowellenstrahlen ebenfalls für möglich.
Über die Spezialeinheit 29155 ist nicht vieles bekannt. Die Gruppe wurde 2008 gegründet und ist auf Mordanschläge im Ausland und die Destabilisierung von Staaten spezialisiert. Die russische Regierung selbst bestreitet allerdings deren Existenz.
US-Behörden haben bereits vermutet, dass gesundheitsschädlicher Schall für das Havanna-Syndrom verantwortlich sein könnte. Bei Betroffenen wurden teilweise sogar leichte traumatische Hirnschäden festgestellt.
Bestätigt wurde die Theorie allerdings nicht. Im Gegenteil: Erst im vergangenen Jahr gab der US-Geheimdienst bekannt, dass wohl kein «ausländischer Gegner» hinter dem Havanna-Syndrom steckt. Die gemeldeten Beschwerden seien stattdessen wahrscheinlich das Ergebnis von Vorerkrankungen, anderer Krankheiten oder Umweltfaktoren, hiess es in einem damals veröffentlichtem Bericht.
Die Untersuchungen seien aber nie völlig abgeschlossen, wurde betont.