Streit über Patente und Fischerei bei WTO-Konferenz
Die Problemliste ist lang, der Kompromisswille dürftig: In Genf ringen Handelsminister aus aller Welt ab Sonntag unter anderem um Lösungen bei Corona-Impfstoffen und Fischereinsubventionen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die 164 Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation (WTO) verhandeln ab Sonntag in Genf über kontroverse Themen wie schädliche Fischerei-Subventionen und eine Patentaussetzung bei Corona-Medikamenten.
Ob die Handelsminister sich bis zum Abschluss der Konferenz am Mittwoch auf Abkommen einigen können, war völlig unklar.
Hinzu kommt, dass der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine mit den verheerenden Folgen im Rohstoff- und Agrarhandel das Treffen überschattet. Die Handelsminister sollen Lösungen gegen die Preissteigerungen unter anderem für Öl, Gas und Lebensmittel finden. Für die Europäische Union verhandelt EU-Kommissar Valdis Dombrovskis.
Forderung nach Aussetzen von Patenten auf Corona-Mittel
Mehr als 100 WTO-Länder verlangen das Aussetzen von Patenten auf Corona-Mittel, damit sie in die Produktion einsteigen können. Reiche Länder hatten sich 2021 einen Grossteil der Impfstoffproduktion gesichert und ärmere Länder konnten zunächst nicht versorgt werden. Inzwischen steht nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) genügend Corona-Impfstoff für die weltweite Versorgung zur Verfügung. Pharmafirmen und etwa die EU pochen darauf, dass nur mit Patentschutz Innovationen wie mRNA-Impfstoffe möglich sind.
Zivilgesellschaftsgruppen kritisierten einen Kompromissvorschlag für die Patentaufweichung, weil er sich nur auf Impfstoffe und nicht Medikamente bezieht, und weil er den Handlungsspielraum von Entwicklungsländern ihrer Ansicht nach eher einschränkt als ausbaut. Unter WTO-Recht dürfen Regierungen unter bestimmten Bedingungen bereits gegen den Willen von Firmen Zwangslizenzen für die Produktion von Medikamenten erteilen.
Drittel der weltweiten Bestände überfischt
In einem Abkommen über Fischerei-Subventionen verlangen Entwicklungsländer, dass Industrieländer höhere Auflagen bekommen. Sie hätten mit ihren grossen Flotten über Jahrzehnte die Überfischung verursacht. Gut ein Drittel der weltweiten Bestände sind nach Angaben der UN-Agrarorganisation FAO überfischt. Industrieländer pochen auf ein Recht auf Fischerei-Subventionen, solange Fischbestände überwacht und ihr Erhalt geregelt wird. Entwicklungsländer haben aber wenig Kapazität für die Überwachung.
Dass China mit seiner riesigen Hochseeflotte als Entwicklungsland in der WTO ist, kritisieren vor allem die USA. In der WTO entscheiden die Länder beim Beitritt selbst über ihren Status. China zahlt nach Studien die meisten Fischerei-Subventionen. Als Reform haben die USA einen Kriterienkatalog für den Status als Entwicklungsland vorgeschlagen. Nach Angaben von Gruppen der Zivilgesellschaft würden danach aber Dutzende Länder den Status verlieren.
Mangels Einigung auf diese und andere Reformen haben die USA aus Protest dafür gesorgt, dass der WTO-Streitschlichtungsmechanismus gelähmt ist. Reformverhandlungen sind bislang nicht in Gang gekommen.