Studie: Fischerei fördert kleine und scheue Fische
Schüchterne kleine Fische leben länger. Und geben ihre Gene auch eher weiter an die nächste Generation. So könnte das Fischen und Angeln zu immer kleineren Tieren führen, legt eine Studie nahe.
Das Wichtigste in Kürze
- Fische werden laut einer Studie durch den menschlichen Einfluss kleiner und scheuer.
«Über die Fischerei werden vor allem grössere und aktivere Fische aus Populationen herausgefangen», sagte der Berliner Fischereiwissenschaftler Robert Arlinghaus am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Damit wirke das Fischen als ein Auslesefaktor, der scheue und kleine Fische bevorteile.
Am Beispiel von rund 800 Hechten haben die Forscher vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in einem brandenburgischen See vier Jahre lang untersucht, wie sich die Fischerei auf eine Population auswirkt.
«Unsere Arbeit legt nahe, dass der Wettkampf zwischen Natur und Angler dazu führt, dass eher die kleinen, inaktiven und schwerer zu fangenden Hechte überleben», so Arlinghaus. Das Verhalten werde «Schüchternheitssyndrom» genannt. Langfristig könne es zu reduzierten Fangraten führen und auch ökologische Wirkungen haben, die noch untersucht werden müssten, so Projektleiter Arlinghaus. Auch Untersuchungen in Meeren wiesen auf ähnliche Einflüsse der Fischerei hin, zum Beispiel beim Speerfischen.
Mathematische Modelle zeigten, dass Fangbeschränkungen wie Mindestmasse die Auslesewirkung der Fischerei nicht aufhalten, sondern höchstens abmildern könnten, so Arlinghaus. Um Bestände besser zu schützen, empfehlen die Forscher, neben einem Mindestmass auch ein Höchstmass für die Grösse der Fische festzulegen. «Viele Anglervereine und Binnenfischer haben das bereits umgesetzt, um die Bestände besser zu schützen. Die Stadt Hamburg hat sogar ihre Fischereiverordnung entsprechend geändert», erklärte Arlinghaus.
Drastischere Regelungen wie etwa rotierende Fischereigebiete und Schutzgebiete, in denen sich die gefährdeten Verhaltenstypen zurückziehen können, könnten die evolutionären Auswirkungen der Fischerei am wirksamsten abmildern, so Arlinghaus. Allerdings sei die Forschung auch hier noch am Anfang, und die sozioökonomischen Konsequenzen für Fischer und Angler wären gravierender als bei einer Anpassung von längenbasierten Fangbestimmungen.