Acht Jahre lang war Martin Kusej Intendant des Bayerischen Staatsschauspiels. Nun folgt er einem Ruf ans berühmte Wiener Burgtheater - und stellt sich auf politisch ungemütliche Zeiten ein.
Martin Kusej, designierter Direktor am Burgtheater Wien, rechnet mit politisch motiviertem Gegenwind. Foto: Hans Klaus Techt/APA
Martin Kusej, designierter Direktor am Burgtheater Wien, rechnet mit politisch motiviertem Gegenwind. Foto: Hans Klaus Techt/APA - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der künftige Intendant des Wiener Burgtheaters, Martin Kusej, rechnet bei seinem Amtsantritt im Herbst mit einigem politisch motiviertem Gegenwind.
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«Ich bin als Personalie schon per se eine Art politisches Ausrufezeichen. Dass ich das Burgtheater leite, ist für gewisse Kreise in Wien sicher ein rotes Tuch», sagte der scheidende Intendant des Residenztheaters in München der Deutschen Presse-Agentur. «Es hat nicht lange gedauert, bis die reaktionären Besserwisser sich in Blogs oder Zeitungen aus der Deckung getraut haben. Wenn ich im September mit der Arbeit loslege und natürlich kein Blatt vor den Mund nehme, wird das sicher noch zunehmen.»

Kusej verlässt das Bayerische Staatsschauspiel nach acht Jahren. Sein Nachfolger am Resi wird Andreas Beck vom Theater Basel. Theater müsse politisch sein, findet Kusej, auch in Österreich, wo er als Teil der slowenischen Minderheit in Kärnten aufwuchs. «Das hat nichts mit linksliberal zu tun. Diese stereotypen Unterscheidungen in "rechts" und "links" interessieren mich nicht.

Es geht um ganz normalen Humanismus, um Hausverstand und Menschlichkeit; dass man sagt, nein, Ungerechtigkeit und Ungleichheit, das akzeptieren wir nicht», sagte der 58-Jährige. «Man ist mittlerweile wirklich entsetzt darüber, was an unverhohlener Drohung, Hass und Ausgrenzung möglich ist. Die FPÖ mit ihrer populistischen Strategie ist eine sehr gefährliche Kraft.» Theater habe allerdings nur begrenzten Einfluss auf politische Zustände und müsse die Menschen auch begeistern, um ein Gegengewicht zu haben.

Was politisches Theater ist, das sieht Kusej anders als der Intendant der benachbarten Münchner Kammerspiele. Matthias Lilienthal setzt seit seinem Start 2015 stark auf politisch geprägtes, internationales Diskurstheater und nicht auf klassisches Sprechtheater. Er habe einen gewissen Respekt vor dieser Art des Theaters, hatte Kusej kürzlich der «Abendzeitung» in München gesagt. «Aber so leid es mir tut: Ich habe in vielen Fällen einen Grad an Dilettantismus und Selbstüberschätzung erlebt, der furchterregend, abenteuerlich oder einfach bescheuert war.» Lilienthals Antwort: «Zu manchen Dingen schweigt man lieber.»

Kusej musste auch erst mit dem Münchner Publikum warm werden. Seine grossen Reformpläne zu Beginn riefen ein geteiltes Echo hervor. Er müsse wohl ein wenig Radikalität zurücknehmen, resümierte er deshalb am Ende seiner ersten Spielzeit im Sommer 2012. «Der grosse Teil des Publikums war nicht rasch von etwas zu überzeugen.» Mittlerweile weiss der Österreicher die Münchner zu schätzen. «Das hat wahrscheinlich mit dem Katholischen zu tun. Im Süden Deutschlands gibt es ein anderes Bewusstsein für Rituale, für Bilder und Opulenz, für Inszenierungen, für Geschichten, die erzählt werden.»

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